Kommentar Straflosigkeit in Ägypten: Die Rückkehr der Pharaonen
Die Institutionen in Ägypten bleiben unreformiert und wollen wieder zur Tagesordnung übergehen. Die Justiz hilft dabei mit und demontiert sich selbst.
D as Ancient Régime wird rein gewaschen. Keiner will es gewesen sein, der in Ägypten für den Tod von 840 Demonstranten während des Aufstandes gegen Mubarak verantwortlich ist. Nicht Mubarak selbst, nicht sein Innenminister, nein auch nicht die Sicherheitschefs von Kairo und Gizeh und auch nicht der damalige Staatssicherheitschef. Sie alle wurden am Wochenende von einem Gericht freigesprochen oder das Verfahren gegen sie wurde eingestellt.
Am liebsten würden die neuen, alten Machthaber des Landes, die Militärs und ihre Frontfigur Präsident al-Sisi den ganzen 25. Januar 2011 und den folgenden Aufstand vergessen und die Geschichte umschreiben. Sie wollen mit haargenau den gleichen Leuten und den gleichen nichtreformierten Institutionen wieder zur Tagesordnung übergehen. Aber ohne den 86-jährigen Mubarak; ob er nun freikommt oder nicht, er wird nur noch eine politische Fußnote sein.
Hier geht es um etwas Grundlegendes, um das Prinzip der politischen und strafrechtlichen Rechenschaft, das die Demonstranten damals auf dem Tahrirplatz so vehement eingeklagt hatten und das die arabischen Autokraten von al-Sisi über Assad bis hin zu den Königen und Emiren am Golf so gerne vergessen würden.
Die ägyptischen Richter erweisen sich als denkbar schlechtes Instrument für diese Rechenschaft. Die Justiz demontiert sich konsequent mit ihren Urteilen. Nur zwei Tage vor dem Mubarak-Urteil wurden 78 Minderjährige von einem Jugendgericht in Alexandria zu zwei bis fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Sie hatten nicht auf Demonstranten schießen lassen, sie hatten illegal demonstriert.
Das ist Ägypten heute: Der despotische Pharao und sein Repressionsapparat werden von jeder Schuld freigesprochen und die jungen aufmüpfigen Untertanen werden weggesperrt.
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