Kommentar Strafe für Apple und Samsung: Italien gegen die Immer-mehr-Kultur
Die Entscheidung der italienischen Wettbewerbshüter, Apple und Samsung zu bestrafen, ist ein Signal. Die Maßnahmen sind allerdings dürftig.
D as Geschäft der Tech-Konzerne ist die Konsumlust der Nutzer*innen. Alle paar Monate ein neues Smartphone, ein besseres Tablet, mehr Leistung für das Laptop. Wer auf Technik steht, kann nicht anders. Das wissen die Hersteller nur zu genau -und helfen nach. Offenbar mit System und gezielt.
Die italienischen Wettbewerbshüter gehen nun gegen diese Geschäftspraktiken vor und haben eine Millionenstrafe gegen Apple und Samsung verhängt. Sie werfen den Konzernen vor, Nutzer*innen zu einem Update des Betriebssystems mehr oder weniger gezwungen zu haben. Allerdings ohne rechtzeitig klar zu stellen, dass dafür die Akkulaufzeit beeinträchtigt wird und die Geräte eben nicht mehr so funktionieren, wie gewohnt. Dazu wäre neue Hardware nötig. Und die kostet.
Die Wettbewerbsbehörde geht tatsächlich von nichts Geringerem als Verbrauchertäuschung aus, von gezielter Verschleierung der Folgen, wenn die Kundschaft, den Versprechungen der Konzerne folgt. Selber schuld, mögen die einen meinen. Denn wer braucht schon ein Update, wenn das alte System eigentlich ausreicht. Das sehen die Expert*innen in den italienischen Behörden offenbar anders.
Zugegeben, die Strafsumme ist lächerlich, gemessen an den Gewinnen, die beide Konzerne jedes Jahr erwirtschaften. Apple muss insgesamt 10 Millionen Euro an die Behörden zahlen, Samsung fünf Millionen. Kein Ding für die beiden Unternehmen, die zu den wertvollsten Firmen der Welt gehören. Aber die Entscheidung der italienischen Wettbewerbshüter ist mehr als nur eine finanzielle, sie setzt ein Zeichen für mehr Verbraucherrechte.
Andere Staaten und die EU müssen nachziehen
Damit die Strafen nicht verpuffen und die Konzerne ihre Strafausgaben nicht ganz schlicht auf die Preise für ihre Geräte umlegen und damit auf die Verbraucher*innen, müssen andere Staaten schnell folgen. Am besten im Verbund mit der EU-Kommission.
Insbesondere Deutschland ist gefragt. Die Kartellbehörden hierzulande werden eigentlich nur dann tätig, wenn sie klare Wettbewerbsvorteile innerhalb einer Branche erkennen, wenn es also um die Benachteiligung einzelner Firmen in einem Sektor geht. Von Verbraucherschutz ist kaum die Rede. Mit der EU-Datenschutzgrundverordnung, die seit Ende Mai gilt, haben die Behörden aber zunehmend die Rechte der Nutzer*innen im Blick und prangern Konzerne wie Facebook oder Google an, die sich beim Schutz der digitalen Privatsphäre in Gesetzesschlupflöcher retten. Diesen Ansatz sollten die Behörden weiter verfolgen.
In den USA haben Verbraucher*innen bereits Sammelklagen gegen Apple eingereicht, um gegen die ungewollte Leistungsdrosselung juristisch vorzugehen. Noch gibt es keine Urteile, aber vermutlich werden die Geldstrafen deutlich höher ausfallen, als in Italien.
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