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Kommentar Steinbrück und ThyssenDer Fehler liegt im System

Das eigentliche Problem ist nicht Steinbrücks Einsatz für Thyssen-Krupp. Der Skandal sind Politiker in Aufsichtsräten.

I st das der nächste große Steinbrück-Skandal? Als gut bezahlter Aufsichtsrat bei Thyssen-Krupp hat er dem Unternehmen versprochen, sich für niedrigere Strompreise einzusetzen – und das dann auch getan. Die CDU spricht von Lobbyismus und Interessenkonflikten, ein Hauch von Korruption liegt über dem SPD-Kanzlerkandidaten.

Tatsächlich zeigt der Vorgang ein Problem. Aber das liegt nicht zuerst bei Peer Steinbrück, sondern im fragwürdigen Brauch, Politikern überhaupt hoch dotierte Aufsichtsratsposten anzubieten. Es kann doch niemand ernsthaft annehmen, dass Thyssen-Krupp Steinbrück 60.000 Euro im Jahr bezahlt, damit er an drei bis fünf Sitzungen teilnimmt, zu denen er inhaltlich nur wenig beitragen kann.

Unternehmen sichern sich auf diese Weise die Nähe von Politikern – und das geschieht natürlich mit dem Ziel, deren Entscheidungen im Sinne des Unternehmens zu beeinflussen. Dass Peer Steinbrück sich die Probleme anhört (die angeblichen wohlgemerkt, denn tatsächlich sind die Strompreise der energieintensiven Industrie gesunken) und seine Mitwirkung an einer Lösung verspricht, ist im Rahmen dieses Systems nur konsequent. Das tun Politiker praktisch bei jeder Gelegenheit.

Bild: taz
Malte Kreutzfeldt

ist Redakteur für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er twittert unter @MKreutzfeldt.

Das eigentliche Problem ist aber, dass Steinbrück als aktiver Politiker überhaupt im Aufsichtsrat eines Unternehmens gesessen hat. Doch das tun auch viele andere Parlamentarier – gerade auch von Union und FDP. Wer die daraus zwangsläufig entstehenden Interessenkonflikte verhindern will, muss Politikern die Mitgliedschaft in Aufsichtsräten und – meist speziell zum Zweck der politischen Kontaktpflege geschaffenen – „Beiräten“ schlicht verbieten. Aber vor dieser Forderung schreckt die politische Konkurrenz aus naheliegenden Gründen zurück.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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4 Kommentare

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  • I
    irmi

    Da wurde Wulff wegen kleinerer Summen aus dem Amt geworfen und bekam dann auch noch viel Geld.

     

    Was solche Leute Jahreshonorar bekommen verteuert natürlich auch die Preise für den Endverbraucher.

     

    Wir als Steuerzahler bezahlen sein Gehalt als Minister und dann dürfen wir auch noch irgendwie seine Nebeneinkünfte finanzieren als Endverbraucher ?????????

  • S
    Synoptiker

    In der Zusammenschau gibt es ja noch weitere Einflussmöglichkeiten der Wirtschaft auf unsere Politiker-Kaste: "Gestaffelte" Parteispenden, wirtschaftspolitischer Sachverstand in Ministerien, Lobbyismus-Arbeit usw. Sage niemand, dass sei alles noch keine Korruption. Warum nur ist das alles nicht strafbewehrt?

    Deutschland - eine Bananen-Republik auf hohem Niveau.

  • A
    Arne

    Ich bezweifle mal, dass das Problem darin liegt, dass aktive Politiker in Aufsichtsräten sitzen dürfen. Das ist wenigstens noch ehrlich. Besser wäre es natürlich, dass diese Aufsichtsratsposten auf jedem Wahlzettel und -plakat bekannt gemacht werden müssten.

    Aber durch diese direkte Verbindung ist wenigstens nachzuvollziehen, wessen Interessen diese Politiker vertreten. Es geht genausogut, dass dem Politiker nach seiner aktiven Zeit, wenn er seine Aufgaben für das Kapital erfüllt hat, fette Posten bekommt, siehe Clement, Fischer und Schröder, die für ihre Hartz-Politik nun wirklich reichlich vom Kapital beschenkt werden.

    Unser jetziges Wahlsystem hat nicht nur zu weniger und weniger Wahlbeteiligung geführt, es sorgt eben auch dafür, dass sich der Politiker von seinen Wählern so entfremdet, dass er Freiwild wird für die Lobbyisteninteressen des Kapitals. Da müssten viel mehr plebiszitäre Elemente und ganz andere Strukturen rein.

     

    Aber bis sowas mal kommt, liebe TAZ, bleibt Eure Aufgabe als Journalisten, sowas aufzudecken und daran zu erinnern. Wie wäre es, wenn demnächst nicht mehr in den Klammern Steinbrück (SPD) oder Özdemir (Grüne/Bündnis 90) stehen würde, sondern Steinbrück (Thyssen/Krupp) und Özdemir (Hunzinger).

  • OW
    Onkel Willy

    Was wäre die ganze Wirtschaftselite ohne käufliche Politiker? Sie müsste sich im Anbietermarkt neben anderen beweisen. Mit Vereinnahmung von einflussreichen Politikern verschafft man sich so auf einfache Art einen Wettbewerbsvorteil. Das Schlimme ist, so ist es überall. Wer an aufrichtige Marktteilnehmer glaubt, kann auch den Weihnachtsmann als Berater engagieren. Das Ziel vieler Politiker ist es eben für das eigene Wohlergehen zu sorgen. Man könnte auch sagen:"Eure Armut kotzt mich an!" So sind die Gemeinsamkeiten zwischen Wirtschaft und Politik doch sehr groß. Obwohl ich selbst von Steinbrück nichts halte, ist das jetzt nur Medienhetze. Wo blieb sie Empörung bei all seinen Vrgängern die ähnliches taten?