Kommentar Staatshaushalt Griechenland: Erfolg ist anderswo
Die griechische Regierung will sich feiern lassen, weil sie den Staatshaushalt saniert hat. Die Arbeitslosenzahlen steigen unverdrossen weiter.
J e näher die Europawahl rückt, desto lauter pocht die Athener Links-Rechts-Koalition auf die „Erfolgsgeschichte“ der griechischen Wirtschaft, die es zu feiern gilt. Unbestritten: Griechenland hat sein Haushaltsdefizit drastisch reduziert, darüber hinaus einen Primärüberschuss im Haushalt erzielt und zudem auch noch einen Überschuss in seiner Handelsbilanz verzeichnen können - erstmals seit 1948.
Gute Erfolge. Aber zu welchem Preis? Trotz angeblicher oder unmittelbar bevorstehender Erholung der Wirtschaft klettert die Arbeitslosigkeit in Griechenland auf eine neue Rekordmarke von 28 Prozent, Millionen Menschen werden von Armut bedroht, fast jeder dritte Grieche muss ohne Krankenversicherung auskommen.
Während Großunternehmen Zukunftspläne schmieden, verschwinden Klein- und mittelständische Betriebe, wodurch Arbeitsplätze und dringend benötigte Steuereinnahmen wegfallen. Selbst wirtschaftliberale Kommentatoren beklagen die Eliminierung der Mittelschicht und warnen mittlerweile vor einer Oligarchen-Wirtschaft unter griechischer Sonne. Sollte eine „Erfolgsgeschichte“ nicht anders aussehen?
Genau daran soll der heutige Streik erinnern. Er richtet sich vor allem gegen künftige „Reformen“, die während der jüngsten Verhandlungen mit der aus EU, EZB und IWF bestehenden Troika vereinbart wurden und einen weiteren Abbau des ohnehin schwach ausgeprägten Sozialstaates mit sich bringen: Kürzungen von Zusatzrenten, Entlassungen im öffentlichen Dienst, Erleichterung von Massenentlassungen in der Privatwirtschaft und die Abschaffung einer gesetzlich vorgesehenen Gehaltserhöhung nach drei Jahren im Dienst wären die Folge.
Doch darüber wird in Griechenland eifrig geschwiegen – bis zur Europawahl.
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