Kommentar Sri Lanka: Krieg beendet, Gewalt bleibt
Die Tamil Tigers haben verloren, ihr Anführer ist tot. Doch ohne Gleichberechtigung der Ethnien und Aufarbeitung der Kriegsverbrechen wird Sri Lanka nicht zur Ruhe kommen.
Sri Lanka ist zu wünschen, dass die Niederlage der Tamil Tigers (LTTE) zum Frieden führt. Der von der Regierung vermeldete Tod des brutalen Tamilenführers Velupillai Prabhakaran dürfte die Chancen dafür erhöhen. Angesichts der menschenverachtenden Art, mit der dieser Sieg auf dem Rücken von hunderttausenden meist tamilischen Zivilisten erkämpft wurde, ist mit einem Ende der Gewalt jedoch nicht zu rechnen.
Die Kriegsführung und ihre politisch-propagandistische Begleitmusik der letzten Monate haben erneut gezeigt, dass Tamilen Grund haben, sich gegen die dominante singhalesische Politik aufzulehnen. Das tamilische Drama besteht darin, dass die LTTE mit Selbstmordattentaten, Kindersoldaten und "menschlichen Schutzschilden" sowie der Ermordung gemäßigter Tamilen Widerstand leistete. Diese Brutalität schadete nicht nur den berechtigten Anliegen der Tamilen, es kostete auch Zehntausende das Leben.
Doch die Regierungsseite agierte nicht nur kaum menschlicher. Bisher war auch bei ihr nicht zu erkennen, dass sie die ethnischen Beziehungen auf eine neue Grundlage stellen will. Dies wäre aber nötig, um den Tamilen nach dieser Niederlage einen erfolgversprechenderen Weg zu Autonomie und Gleichberechtigung zu öffnen.
Um neue Gewalt zu verhindern, müssten zudem die betroffenen Zivilisten schnell versorgt und eine unabhängige Untersuchung mutmaßlicher Kriegsverbrechen eingeleitet werden. Die Ignoranz der vom Sieg berauschten Regierung gegenüber der internationalen Gemeinschaft lässt jedoch fürchten, dass es nie dazu kommen wird. Ohne Aufarbeitung und Verurteilung schwerer Menschenrechtsverbrechen dürfte aus dem Teufelskreis der Gewalt nicht auszubrechen sein.
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