piwik no script img

Kommentar Sexismus im Conne IslandWir müssen reden

Edith Kresta
Kommentar von Edith Kresta

Rassismus und Sexismus können nicht gegeneinander ausgespielt werden. Eine freie Diskussionkultur ist wichtig, sonst wird man handlungsunfähig.

Die Debatte gab es schon einmal:hier bei einer Demonstration Anfang des Jahres in Köln Foto: dpa

S existische Kommentare, Handgreiflichkeiten, sodass die Party zum Spießrutenlauf für Frauen wird – das großzügige Engagement für Flüchtlinge des Leipziger Clubs Conne Island ist missbraucht worden. Missbraucht von jungen Männergruppen mit Migrationshintergrund, die den sogenannten Refugees-Fuffziger, einen Rabatt für Flüchtlinge, ausnutzten.

Wären es randalierende Fußballhooligans, würde man die Typen kurzerhand wegen aggressiven Fehlverhaltens rausschmeißen. Bei Männern mit Migrationshintergund bewegt man sich jedoch auf vermintem Terrain. Die Rassismuskeule droht. „Wir wollen nicht in die rassistische Kerbe von AfD und CDU/CSU schlagen“, schreibt denn auch der Club, der sich als links versteht.

Das Leipziger Beispiel zeigt eine ziemlich verkümmerte Diskussionskultur beim Thema Rassismus hierzulande. Es scheint, als ginge es immer um Für oder Wider, Schwarz oder Weiß, die Diskussion lässt offensichtliche keine Zwischentöne, Ambivalenzen, Kritik zu. Toleranz, so scheint es, besteht im Leugnen von Konflikten. Dabei ist das Tabuisieren von Konflikten, die durch Zuwanderung entstehen, völlig unproduktiv fürs Zusammenleben. Die Verdrängung von Aggression gegen bestimmte Verhaltensweisen, indem man jede Kritik daran sofort in die ausländerfeindliche Ecke stellt, macht handlungsunfähig.

Das erleben gerade die Betreiber des Conne Island. Sie haben einen Hilferuf an das linksliberale Spektrum gerichtet: „Wir halten eine Thematisierung der Problematik innerhalb der Linken für längst überfällig und wollen dem Rechtspopulismus nicht die Deutungshoheit in dieser Debatte überlassen.“ Spannend wird, wie ihr Hilferuf im antirassistischen, linken Spektrum aufgenommen wird. Konflikte vor allem auch beim Zusammenleben mit Menschen aus anderen Kulturen sind unvermeidlich. Man muss damit umgehen, ohne sich selbst zu verleugnen. Alles andere ist naiv.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Edith Kresta
Redakteurin
Schwerpunkte: Reise und Interkulturelles. Alttazzlerin mit Gang durch die Institutionen als Nachrichtenredakteurin, Korrespondentin und Seitenverantwortliche. Politologin und Germanistin mit immer noch großer Lust am Reisen.
Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Ein "Hilferuf ans das linksliberale Spekturm"? Wer das Conne Island kennt weiß, dass Liberale (ob mit oder ohne "links-") sicher nicht der Adressat ihrer Schreiben sind. Die Liberalen werden sich aber darüber freuen, dass das Conne Island nun mit seiner ewigen Selbstgewissheit, der Verweigerung von Pragmatismus zugunsten ideologischer Reinheit und der ewigen Besserwisserei in einer Sackgasse gelandet ist. Sollen sie selber schauen, wie sie da wieder rauskommen.

  • Ein schwieriges Unterfangen, welches einem viel Selbstreflexion und Selbstkontrolle abverlangt. Worum geht es? Es geht um Vorurteile. Hier muss man sich klar darüber sein, dass Vorurteile sich gegen Gruppen richten. Diese Vorurteile treffen manchmal weniger, manchmal mehr tatsächlich zu - wie es offenbar der Fall ist beim häufigen Zusammenfallen von patriarchalicher Kultur und arabischem Hintergrund. Im Großen und Ganzen sollte man für dieses Problem also sensibilisiert sein. Wenn wir nun auf Menschen mit arabischem Hintergrund treffen, verbietet es uns jedoch unsere humanistische Grundeinstellung, eine solche patriarchalisch-machohafte Einstellung bei unserem Gegenüber zu vermuten. Wenn wir sie trotzdem feststellen müssen, dann können wir dank der zuvor erfolgten Sensibilisierung das Problem besser verstehen, einordnen und individuell dagegen vorgehen. Dieser Spagat zwischen individueller 'Unschuldsvermutung' und Sensibilisierung auf das Kollektiv bezogen ist nicht einfach, aber absolut notwendig, wenn man sich eine humanistisch-emanzipatorische Grundhaltung bewahren möchte.

    • @Marius:

      "Es geht um Vorurteile"? Nein, es geht doch wohl eher um konkrete schlechte Erfahrungen. Und darum, "dem Rechtspopulismus nicht die Deutungshoheit in dieser Debatte (zu) überlassen". Wenigstens das haben die Conne Island-Betreiber schon mal richtig erkannt.

      • @Mark_Sch:

        Bitte kein Missverständnis herauslesen. Es geht darum, einen Umgang mit diesen konkreten Erfahrungen zu finden, ohne daraus Vorurteile zu konstruieren. Das CI hat ja selbst gemeint, es bestehe die Gefahr, rassistisch zu wirken. Und dieser Gefahr des Rassismus, also einer unzulässigen Verallgemeinerung von konkreten Erfahrungen auf die ganze so definierte Gruppe, muss begegnet werden. Auch sich als links verstehende Menschen sind vor solchen Verallgemeinerungen natürlich nicht gefeit. Deshalb sind Reflexion und Selbstkontrolle so wichtig. Das fängt bei uns an!

  • Willkommen im Leben.

     

    "Konflikte vor allem auch beim Zusammenleben mit Menschen aus anderen Kulturen sind unvermeidlich. Man muss damit umgehen, ohne sich selbst zu verleugnen. Alles andere ist naiv."

     

    ach nee.