Bernhard Clasen über den Schuldenschnitt für die Ukraine
: Schwerter zu Blumenvasen

Kiew hatte hoch gepokert. In seinen Bemühungen um einen Teilerlass der fast 20 Milliarden Dollar Schulden hatte es Kiew gut verstanden, Druck auf seine Partner auszuüben.

Mal drohte man mit einem Rückzahlungsmoratorium, mal stand die Drohung im Raum, bei einer Nichteinigung sei auch die Westorientierung des Landes gefährdet, und ukrainische Medien warnten gar vor einem zweiten Griechenland. So hat Kiew seine Gläubiger, die noch vor Wochen kein Prozent der Schulden erlassen wollten, weichgekocht.

Dieser Sieg war spätestens Ende Juli abzusehen, als der Internationale Währungsfonds (IWF) eine weitere Rate von 1,7 Milliarden Dollar überwiesen hatte, obwohl eine Einigung Kiews mit den Gläubigern in weiter Ferne schien. Damit hatte sich der IWF auf die Seite Kiews gestellt.

Lange Zeit hatte der IWF weitere Kredite von einer Einigung des Landes mit den Schuldnern abhängig gemacht. Ausgelassen jubelten denn auch die ukrainischen Kabinettsmitglieder in einer kurzfristig einberufenen Feierstunde.

Doch was macht Kiew eigentlich mit den neu gewonnenen finanziellen Spielräumen? Wird es nun das Arbeitslosengeld erhöhen, den Studenten mehr Förderung angedeihen lassen, die Renten und Löhne der staatlichen Bediensteten anheben? Oder wird es weitere Schulden bedienen, die Devisenreserven aufstocken, Gelder in die Kriegsmaschinerie stecken?

Innenminister Arsen Awakow überraschte sie alle. Als er dem Premier und der Finanzministerin zu dem Teilschuldenschnitt gratulierte, schenkte er beiden je eine bunt bemalte Hülse eines Panzergeschosses. Und in die Hülsen steckte er Blumensträuße.

Wollte Awakow damit zu verstehen geben, dass man in Abwandlung des „Schwerter zu Pflugscharen“ nun Geschosshülsen zu Blumenvasen umwandeln werde? Oder wollte er damit einfach nur zeigen, dass man nun das Geld für neue Geschosshülsen hat?

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