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Kommentar Schließung von ProgrammkinosHingehen statt jammern

Kommentar von Stefan Alberti

Wenn in kleinen Kinos der Vorhang zum letzten Mal fällt, jammern auch die, die sonst lieber im Großraumkino oder mit DVD auf der Couch Platz nehmen.

A ch, schon wieder ein kleines Kino weniger. Alles geht den Bach runter, die City-West sowieso und die Programmkinos im Besonderen. Wer meint, in dieser Weise das Ende des traditionellen Broadway-Kinos am Tauentzien beweinen zu müssen, liegt falsch. Aber komplett. Denn wer solche Kinos auf jeden Fall erhalten will, der sollte sich mal fragen, wann er zum letzten Mal da war - statt im plüschigen, bequemen Sessel in einem der Multiplexe wie am Potsdamer Platz oder daheim auf der Couch vor der DVD Platz zu nehmen.

Losgelöst vom Schicksal des Broadway gilt: Auch für Programmkinos gilt das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Wer die kleine Idylle solcher Orte schätzt, die sich unverhofft auch in Vororten finden wie etwa dem Bali in Zehlendorf mit seinem filmplakatgeschmückten Saal, der muss auch hingehen. Und vielleicht mal ein paar Wochen warten, bis ein preisgekrönter Film aus den großen Kinoketten die kleinen Betriebe erreicht.

Abstimmung mit Füßen

Alles andere lässt sich bloß vergleichen mit dem, der immer von Tante Emma um die Ecke schwärmt, dort aber immer nur die anderswo vergessene Milchtüte besorgt und sich ansonsten den Wagen billiger bei Lidl vollpackt. Abstimmung mit den Füßen nennt man das.

Es gibt auch Fälle, in denen ein Vermieter bei einem gut laufenden Kino feststellt: Ich kann mein Haus anderweitig teurer vermieten. Das mag bei einem alten Bau mit besonderer Atmosphäre erst mal schade sein. Aber wenn das Kino tatsächlich brummt, wird der Betreiber ein paar Straßen abseits der Top-Lagen - quasi "off-Broadway" - einen neuen Standort und dort auch seine Zuschauer finden.

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Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
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