Kommentar Salafisten-Demo in Frankfurt: Das schockt Frankfurt nicht
Islamisten demonstrieren mitten in Hessens größter Stadt? Das Gericht ließ sie Kreide fressen, die Büger blieben gelassen. Denn Irre gibt es jeden Tag auf der Straße.
G ut, dass wir das nun wissen: Männer und Frauen sind im radikalen Islam gleichberechtigt. Nach Geschlecht getrennt – einen Block für Transsexuelle gab es nicht - dürfen sie sich unter freiem Himmel mit ihresgleichen treffen, um zwei Hasspredigern zu lauschen, die an diesem Mittwochabend auf dem Rossmarkt zu Frankfurt am Main allerdings Kreide gefressen hatten. Kein Wort vom Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen, den die beiden bärtigen Salafisten sonst gerne herbeipredigen. Kein Wort von der Einführung der Scharia auch in der islamischen Diaspora. Nichts zur Todesstrafe für Homosexuelle, die der Gottesmann Bilal Philips anderswo, etwa in Jamaika, schon eingefordert hat.
Ein nicht ganz freiwilliger Verzicht, denn der Hessische Verwaltungsgerichtshof als höchste Genehmigungsbehörde auch für Kundgebungen und Demos hatte den Stargästen an diesem lauen Abend in der City jede Hasspredigerei und die Beleidigung anderer Bevölkerungsgruppen strikt untersagt. Zur Scharia gab es dann auch nur die eine – treffende – Randbemerkung von Prayer Man und Konvertit Pierre Vogel, wonach die „islamische Gesetzgebung“ nur dort eingeführt werden könne, wo Muslime die Mehrheit hätten. Und dass das gleiche auch für den Kampf gegen die sündhaften Homosexuellen gelte, wie der gebürtige Jamaikaner Bilal, den die Frankfurter Ausländerbehörde wegen seiner früheren Hetze gegen Homosexuelle jetzt ausgewiesen hat (bis Samstag soll er das Land verlassen), dann in seiner Predigt ergänzte. Jesus Maria!
Dass Linke – vor allem Grüne – friedlich aber bestimmt gegen die beiden Komiker aus dem Lager der islamistischen Überzeugungstäter in Wort und Schrift protestierten, ging voll in Ordnung. Und auch, dass Israelis und Freunde Israels sowie Amis und deren Freunde Flagge zeigten. Die NPD, die auch gegen die Muftis demonstrieren wollte, hatte am 20.April dann aber wohl doch was anderes zu tun. Der gemeine Citoyen in der Bankenmetropole blieb sowieso ganz gelassen.
Klaus-Peter Klingelschmitt ist taz-Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland.
Groß echauffierte sich niemand. Schließlich stehen in der Stadt permanent irgendwelche Irre mit komischen Ideologien im Gepäck irgendwo herum und halten Volksreden. Warum nicht auch einmal Salafisten. Wer? Man erträgt ja auch – gelassen – grenzdebile Horden Eintracht-Hooligans, die mit „Bayern verrecke!“ auf den Lippen gerade an diesem Samstag wieder Richtung Stadtwald ziehen werden. Oder wahnwitzige Balkanmusikanten, die einem aggressiv einen Euro abtrotzen. Man gibt, damit die – endlich – weiterziehen. Unaufgeregtheit ist eben das Markenzeichen der Bürger in der internationalen, multikulturellen Metropole Frankfurt. So soll es ja auch sein und bleiben. Lebbe gehd weider (Steppi).
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