Kommentar Sacharow-Preis für Senzow: Klares Votum gegen Russland
Mit der Ehrung Oleg Senzows positioniert sich die EU eindeutig. Das wäre mit Blick auf den gesamten Konflikt mit Russland wünschenswert.

D er russische Dissident Andrej Sacharow würde sich bestimmt darüber gefreut haben, dass der nach ihm benannte Menschenrechtspreis des Europäischen Parlaments in diesem Jahr an den ukrainischen Filmregisseur Oleg Senzow geht.
Damit zollt Brüssel einem Mann Respekt, der nicht müde wird, gegen die Annexion seiner Heimat, der ukrainischen Halbinsel Krim im Jahr 2014 durch Russland, aufzubegehren – ein Vorgang, den bestimmte politische Kreise auch in Deutschland der Öffentlichkeit immer noch als freiwillige Entscheidung der dort lebenden Bevölkerung zu verkaufen versuchen.
Für sein politisches Credo hat Senzow, der wegen Terrorismus verurteilt wurde und seit vier Jahren in russischer Haft sitzt, schon jetzt einen hohen Preis bezahlt. Ein mehrmonatiger Hungerstreik hat seine Gesundheit irreparabel geschädigt. Es grenzt schon fast an ein Wunder, dass er überhaupt noch lebt.
Dieser wahnwitzige volle Körpereinsatz war auch eine Solidaritätsbekundung für alle anderen ukrainischen politischen Gefangenen in Russland, für deren Freilassung sich Senzow einsetzt. Dieser Umstand dürfte bei der Entscheidung des EU-Parlaments eine wichtige Rolle gespielt haben.
Das Votum für Senzow ist gleichzeitig ein klares Votum gegen Russland. Gegen einen Staat, der seine Gegner, so er sie nicht gleich umbringt, nach fabrizierten Anklagen und abstrusen Schauprozessen, auf Jahre in Gefängnissen verschwinden lässt. Ein Blick auf die Krim genügt: Besonders die Krimtataren sind massiven Repressionen vonseiten der Staatsmacht ausgesetzt, die viele von ihnen mit ihrem Leben bezahlen.
Die Ehrung Senzows zeigt, dass sich die EU in diesem Fall in Bezug auf die desolate Menschenrechtslage in Russland eindeutig positioniert hat. Das ist gut. Eine derart geschlossene Haltung würde man sich allerdings auch an anderer Stelle wünschen – beispielsweise, wenn es um die Aufhebung oder Verlängerung der Sanktionen geht. Oder um das Asowsche Meer. Denn dieser Ort könnte bald zu einem weiteren Kriegsschauplatz zwischen Russland und der Ukraine werden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Gerichtsentscheidung zu Birkenstock
Streit um die Sandale