Kommentar Sacharow-Preis für Senzow: Klares Votum gegen Russland

Mit der Ehrung Oleg Senzows positioniert sich die EU eindeutig. Das wäre mit Blick auf den gesamten Konflikt mit Russland wünschenswert.

Oleg Senzow schaut durch Gitterstäbe in einem Gerichtssaal

Vor dem Hungerstreik: Oleg Senzwo während des sogenannten Prozesses gegen ihn im Jahr 2015 Foto: reuters

Der russische Dissident Andrej Sacharow würde sich bestimmt darüber gefreut haben, dass der nach ihm benannte Menschenrechtspreis des Europäischen Parlaments in diesem Jahr an den ukrainischen Filmregisseur Oleg Senzow geht.

Damit zollt Brüssel einem Mann Respekt, der nicht müde wird, gegen die Annexion seiner Heimat, der ukrainischen Halbinsel Krim im Jahr 2014 durch Russland, aufzubegehren – ein Vorgang, den bestimmte politische Kreise auch in Deutschland der Öffentlichkeit immer noch als freiwillige Entscheidung der dort lebenden Bevölkerung zu verkaufen versuchen.

Für sein politisches Credo hat Senzow, der wegen Terrorismus verurteilt wurde und seit vier Jahren in russischer Haft sitzt, schon jetzt einen hohen Preis bezahlt. Ein mehrmonatiger Hungerstreik hat seine Gesundheit irreparabel geschädigt. Es grenzt schon fast an ein Wunder, dass er überhaupt noch lebt.

Dieser wahnwitzige volle Körpereinsatz war auch eine Solidaritätsbekundung für alle anderen ukrainischen politischen Gefangenen in Russland, für deren Freilassung sich Senzow einsetzt. Dieser Umstand dürfte bei der Entscheidung des EU-Parlaments eine wichtige Rolle gespielt haben.

Das Votum für Senzow ist gleichzeitig ein klares Votum gegen Russland. Gegen einen Staat, der seine Gegner, so er sie nicht gleich umbringt, nach fabrizierten Anklagen und abstrusen Schauprozessen, auf Jahre in Gefängnissen verschwinden lässt. Ein Blick auf die Krim genügt: Besonders die Krimtataren sind massiven Repressionen vonseiten der Staatsmacht ausgesetzt, die viele von ihnen mit ihrem Leben bezahlen.

Die Ehrung Senzows zeigt, dass sich die EU in diesem Fall in Bezug auf die desolate Menschenrechtslage in Russland eindeutig positioniert hat. Das ist gut. Eine derart geschlossene Haltung würde man sich allerdings auch an anderer Stelle wünschen – beispielsweise, wenn es um die Aufhebung oder Verlängerung der Sanktionen geht. Oder um das Asowsche Meer. Denn dieser Ort könnte bald zu einem weiteren Kriegsschauplatz zwischen Russland und der Ukraine werden.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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