Kommentar SPD-Innenpolitik: Kalkulierter Verfassungsbruch
Der Einsatz von privaten Sicherheitsleuten soll in der Trinkerszene vor allem Angst und Schrecken verbreiten.
E s bewahrheitet sich immer wieder – und jetzt wohl auch in Hannover: Sozialdemokraten sind die besseren Hardliner in der Innenpolitik und scheuen dabei vor Verfassungsbruch nicht zurück. Anders kann der Plan der rot-grünen Stadtverwaltung, im Interesse des Kommerzes den Bahnhofsvorplatz und die Fußgängerzone in Linden zu säubern, nicht bezeichnet werden.
Es mag schon sein, dass es für Anwohner eine Belästigung ist, wenn die Menschen vor ihren Haustüren rumhängen. Doch nach Artikel 2 des Grundgesetzes hat nun mal jeder Mensch das Recht, öffentliche Wege und Plätze zu nutzen. Auch nach einschlägiger Rechtssprechung und den Polizeigesetzen ist Nichtsesshaftigkeit, Betteln und das Sitzen in vorübergehenden Ansammlungen auf öffentlichen Straßen und Parkanlagen zulässig. Auch wenn es dabei in den Grenzen des „kommunikativen Gemeingebrauchs“ zum Alkoholkonsum kommt. Das stellt aber alles keine Gefahr für die öffentliche Ordnung dar und rechtfertigt keinen Platzverweis.
Den darf private Security in öffentlichen Räumen auch gar nicht aussprechen. Also bleibt der Verdacht, die Hilfssheriffs sollen – wie auch am Hamburger Hauptbahnhof – durch martialisches Auftreten Angst und Schrecken verbreiten, damit die Gammlerszene wegbleibt – nach dem Motto: „Von den Pennern klagt schon keiner seine Grundrechte ein.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen