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Kommentar Russlands ICC-RückzugDer Makel von Den Haag

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Schwache werden verurteilt, Starke dürfen abhauen: Nach Russlands Abgang steht der Internationale Strafgerichtshof schlecht da.

Do swidanja, Den Haag: Dabei ist es dort doch ganz schön Foto: dpa

E s ist zwar nur ein symbolischer Akt der russischen Regierung, ihre Unterschrift unter das Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofs zurückzuziehen. Tatsächlich hatte Russland das Statut zwar mit ausgehandelt und unterschrieben, aber nie ratifiziert, war also auch kein Vertragsstaat geworden. Daran ändert der Rückzug der Unterschrift nichts.

Aber die Formulierung „nur symbolisch“ ist an dieser Stelle vermutlich falsch. Denn der Strafgerichtshof ist in einer fulminanten Krise, nachdem mit Gambia, Burundi und vor allem Südafrika gleich drei Staaten in den letzten Monaten ihren Austritt aus dem Rom-Statut erklärt hatten. Begründung: Der Gerichtshof sei voreingenommen und verhandele nur afrikanische Fälle.

Der Makel der Einseitigkeit lastete von Beginn an über der Institution. Tatsächlich waren mit Russland, China und den USA gleich drei der fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat dem Rom-Statut nie beigetreten. Dabei kann der Sicherheitsrat auch gegen den Willen von Nichtmitgliedstaaten Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit an den Gerichtshof delegieren – jede Vetomacht allerdings kann solche Ermittlungen gegen sich selbst jederzeit verhindern.

Menschenrechtsorganisationen und die Verfechter des Gerichtshofs hatten dennoch stets die Hoffnung gehegt, das Gericht werde sich in der Praxis bewähren und schließlich auch die Großen zur Mitarbeit bewegen können. Russlands Rückzug in dem Moment, wo der Strafgerichtshof Ermittlungen wegen des Südossetien-Krieges aufnimmt und sich kritisch zur Krim-Annexion äußert, bestärkt da nur den Eindruck eines Gerichtshofs, der qua Konstrukt die Schwachen verurteilt und die Starken laufen lässt.

Damit ist der große Traum der Gründer, mit dem Strafgerichtshof könne die Straflosigkeit für schwerste Verbrechen tatsächlich der Vergangenheit angehören, in noch weitere Ferne gerückt.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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1 Kommentar

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  • Ich unterstelle, dass der Traum der Gründer immer war, lediglich den Anschein einer unvoreingenommenen Strafverfolgung zu erwecken, um sich Zeit zu erkaufen, den Status Quo weiter zu festigen.

     

    Strafverfolgung kann nur erfolgreich sein, wenn sie die Macht hat, auch gegen den Willen der Täter zu agieren.

     

    Art. 3 GG beinhaltet nicht nur das Recht, nicht vor dem Gesetz benachteiligt zu werden, sondern auch das implizierte Recht, dass andere nicht bevorteilt werden! - Ein internationales Strafgericht, das nicht dem gleichen Grundgedanken folgt, ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Und das ist auch gut so!