Kommentar Rücktritt ADAC-Chef: Ein Ausscheiden als Auftakt

Freiwillig ist er nicht gegangen. ADAC-Präsident Meyer ist lediglich seiner Suspendierung zuvorgekommen. Es wird nicht der letzte Rücktritt beim Autoclub bleiben.

Schmallippig: Peter Meyer. Bild: ap

Quälend lange hat dieser Rücktritt gedauert, und freiwillig ist der Präsident des Autofahrerclubs ADAC, Peter Meyer, auch nicht gegangen. Im Gegenteil: Das Präsidium des mächtigen Vereins hatte zuvor ein Suspendierungsverfahren gegen Meyer beschlossen – zu schwer wiegen die Vorwürfe um die gravierenden und über Jahre andauernden Manipulationen bei der Verleihung eines Autopreises sowie andere Unregelmäßigkeiten innerhalb der Führungsriege.

Man muss kein Prophet sein, um zu sagen: Es wird nicht der letzte Rücktritt im Club bleiben. Wichtiger aber ist: Der Verein, der vorgibt, die Interessen von 19 Millionen Verbrauchern zu vertreten, muss sich von Grund auf erneuern.

Geradezu grotesk war es, dass Meyer wochenlang an seinem Stuhl klebte und den Eindruck erweckte, mit einem Bauernopfer, dem rausgeschmissenen Kommunikationschef, davonzukommen. Ein Indiz, wie sehr die Macht dem Mann an der Spitze zu Kopfe gestiegen war. Offensichtlich war ja: Die Manipulationen bei der Wahl zum „Lieblingsauto der Deutschen“, den die Fahrzeugindustrie gern für Werbezwecke nutzte, mussten Konsequenzen haben – wie sie in jedem Unternehmen oder in jeder Behörde gezogen würden.

Denn entweder hat der Chef davon nichts gewusst – dann hat er seinen Laden nicht im Griff und muss gehen. Oder er hat es gewusst und gedeckt – dann muss er erst recht gehen. Dieselbe Logik gilt im Übrigen für weitere Mitglieder der Führungsriege.

Alle Tests auf den Prüfstand

Mit dem Austausch der Führungskräfte ist es aber nicht getan. Der Verein braucht eine transparente und professionelle Struktur, die künftig Manipulationen ausschließt. Zudem gehören jetzt alle Tests auf den Prüfstand. Sind sie so unabhängig, wie der ADAC vorgibt, oder folgen sie einem finanziellen Eigeninteresse? Und nutzen die vielfältigen wirtschaftlichen Aktivitäten der ADAC-Tochterfirmen wirklich den Vereinsmitgliedern oder werden ihnen überteuerte Produkte – etwa Versicherungen oder Autobatterien – untergejubelt, weil die gelben Pannenhelfer über Jahre ein gutes Image aufgebaut hatten?

Auch politisch muss sich der Verein neu erfinden. Viele Autofahrer sind längst weiter, als es die Raser- und Betonfraktion des ADAC glauben macht. Für viele ist das Auto schlicht ein Verkehrsmittel neben anderen. Und es ist für viele Verbraucher das teuerste Konsumprodukt, das sie sich anschaffen: Sie wollen ein zuverlässiges, sicheres, sparsames und günstiges Fahrzeug – Stärke, Luxus und Markenimage spielen nicht für alle Autofahrer die große Rolle, die ihnen der ADAC und die Industrie bislang beimessen.

Würde der Autofahrerclub die Interessen auch dieser Mitglieder stärker vertreten, könnten viele Fahrzeugmodelle abgerüstet werden. So könnten Umwelt und Klima geschont werden – und der ADAC hätte einen neuen, nachhaltigen Markenkern.

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Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.

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