Kommentar Rückeroberung von Kobani: Kobani ist frei, aber nicht sicher
Der Sieg der kurdischen Kämpfer in der syrischen Stadt ist ein erster Erfolg im Kampf gegen den IS. Doch die Bedrohung ist noch nicht vorüber.
D ie syrischen Kurden haben nach langem Kampf in der Grenzstadt Kobani die Terrormiliz des Islamischen Staates (IS) besiegen können. Das ist ein unerwartet großer Erfolg, der auch für Syrien insgesamt und für die Türkei positive Auswirkungen haben wird.
In Syrien ist der Erfolg der Kurden ein Signal dafür, dass der anscheinend unbesiegbare IS doch zu schlagen ist. Dank amerikanischer Hilfe aus der Luft ist Kobani tatsächlich zu dem Massengrab für die Islamisten geworden, von dem die Kurden immer geredet hatten.
Für die Türkei ist der Sieg der Kurden die Voraussetzung dafür, dass der Friedensprozess zwischen der Regierung und der PKK weitergehen kann. Ein Massaker in Kobani vor den Augen der tatenlosen türkischen Armee hätte jedes weitere Gespräch beendet. Der türkische Ministerpräsident Davutoglu hat den Sieg in Kobani deshalb bei einem Auftritt in Diyarbakir begrüßt, auch wenn Präsident Erdogan immer abfällig davon gesprochen hat, in Kobani würden Terroristen gegen Terroristen kämpfen.
Doch die Frage ist jetzt, wie nachhaltig ist der Sieg in Kobani. Die Kurden haben die Stadt, die weitgehend in Trümmern liegt, zurückerobern können. Doch außerhalb der Stadt ist Kobani weiterhin von IS-Milizen umzingelt. Die Kurden wissen, dass die Islamisten jederzeit von Rakka, ihrem syrischen Hauptquartier, oder aus Mossul, der Millionenstadt im Irak, die sie nach wie vor kontrollieren, Nachschub nach Kobani bringen können, um erneut anzugreifen.
Sicher werden Kobani und die anderen beiden kurdischen Kantone entlang der türkisch-syrischen Grenze erst, wenn es gelingt, den IS auch aus Rakka und Mossul zu vertreiben. Das wird noch dauern, aber nach dem Sieg in Kobani ist es immerhin wahrscheinlicher geworden.
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