Kommentar Röttgens Entlassung: Ende einer missglückten Zweckehe
Mit seinem Amt als Umweltminister ist Norbert Röttgen nie richtig warm geworden. Seine Ablösung bietet die Chance zu einem Neubeginn in der Umweltpolitik.
F ür die Union ist der Rausschmiss von Norbert Röttgen eine dramatische Verschärfung der Parteikrise. Ein weiterer ehemaliger Hoffnungsträger ist nicht nur abserviert, sondern in einer Art und Weise gedemütigt, die innerparteilich für Unruhe sorgt. Und um die Lücke zu stopfen, muss Peter Altmaier von seinem wichtigen Posten als Fraktionsgeschäftsführer abgezogen werden, wo er für Merkel die Mehrheiten organisierte.
Für den Klima- und Umweltschutz ist der Wechsel hingegen eine große Chance. Norbert Röttgen hat die hohen Erwartungen nie erfüllt, die seine Intelligenz, sein Machtinstinkt und seine Nähe zur Kanzlerin einst geweckt hatten. Wie seine Amtsvorgänger Angela Merkel und Sigmar Gabriel wollte er den Posten des Umweltministers zwar gern als Karrieresprungbrett nutzen – allerdings ohne sich auf das Thema wirklich einzulassen.
Röttgen verkaufte die Verlängerung der AKW-Laufzeiten ebenso als Erfolg wie später die Verkürzung. Er hielt auf Klimakonferenzen wohlklingende Reden und bremste zu Hause die Energiewende. Und aus Angst vor Kritik stellte er dabei den Sachverstand im eigenen Ministerium kalt.
ist Parlamentskorrespondent der taz.
Die größte Enttäuschung war aber Röttgens Durchsetzungsschwäche. Wenn er denn doch mal für die richtigen Ziele einstand, etwa beim Kampf für mehr Energieeffizienz oder bei der Verteidigung der erneuerbaren Energien, dann scheiterte der vermeintlich so strategische und vernetzte Norbert Röttgen ein ums andere Mal an der siechenden FDP oder am Wirtschaftsflügel der eigenen Partei. Seine Entlassung ist darum das begrüßenswerte Ende einer Zweckehe, die nie wirklich funktioniert hat.
Sein Nachfolger weckt wiederum große Erwartungen. Peter Altmaier gehört ebenfalls zum liberalen Unionsflügel; er gilt als strategischer Kopf und guter Kommunikator, ist als bisheriger Parlamentarischer Geschäftsführer in der Unionsfraktion gut vernetzt und zugleich ein enger Vertrauter der Kanzlerin. Die Voraussetzungen für einen Neustart in der brachliegenden Klimapolitik sind also gegeben.
Um ihm wirklich zum Erfolg zu verhelfen, müsste Merkel aber auch den zweiten Energiewendeversager, Wirtschaftsminister Philipp Rösler, entmachten und das zentrale Thema komplett beim Umweltminister ansiedeln. Eine bessere Chance für diese notwendige Änderung wird sie nicht bekommen.
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