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Kommentar RenteAngehängt ans Leistungsethos

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Das Rentenpaket soll die „Lebensleistung“ derjenigen belohnen, die es sich „verdient“ haben. Aber was heißt das schon?

Wussten damals auch noch nicht, dass sie jetzt eine höhere Mütterrente kriegen: Mütter im Park in Bremen, 1966. Bild: dpa

E s ist schon interessant, zu welcher Wortwahl die Ministerin bei der ersten Lesung des Rentenpakets am Donnerstag griff. Die Rente mit 63 nach 45 Versicherungsjahren und die höheren Mütterrenten seien „nicht geschenkt, sondern verdient“, betonte Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD).

„Lebensleistung“, „verdient“, „Pflicht erfüllt“: Die Ministerin hängt sich an das Ethos der Arbeitsgesellschaft von Leistung und Gegenleistung. Sie verbrämt, dass das Rentenpaket vor allem von den Beitragszahlern, also anderen Erwerbstätigen, finanziert wird. Es ist eine horizontale Verteilung innerhalb der Mittelschicht.

Dies entspricht dem Geist der großen Koalition: Die Umverteilung von der Mittel- in die Unterschicht ist derzeit unpopulär, denn die Unterschicht steht zunehmend unter Selbst-Schuld-Verdacht. Eine Umverteilung von den sogenannten Reichen in die Mittelschicht findet auch keine Mehrheit, denn die Reichen halten sich ja selbst auch für die Mittelschicht. Also bleibt man im Horizontalen. Was natürlich neue Gerechtigkeitslücken aufreißt, denn das Geld vermehrt sich ja nicht.

So sind die höheren Mütterrenten sicher in vielen Fällen berechtigt. Es gibt aber auch sehr gut versorgte Ehefrauen aus dieser Generation, die das Geld nicht unbedingt brauchen. Und natürlich hätte auch die alleinerziehende Altenpflegerin, die jahrzehntelang gearbeitet hat und im Alter trotzdem nur auf eine Rente unterhalb von Hartz-IV-Niveau kommt, mehr Rente „verdient“.

Sie hat nichts von höheren Mütterrenten oder abschlagsfreien Renten mit 63, weil alles später auf ihre aufstockende Grundsicherung im Alter angerechnet wird. Demnächst soll die Ergänzung dieser Minirenten politisch in Angriff genommen werden. Das Problem: Das Geld dafür ist dann durch das Rentenpaket schon verbraten.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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4 Kommentare

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  • "..horizontale Verteilung innerhalb der Mittelschicht. .."

     

    Das sorgt für bessres Gleichgewicht.

    Und die Frau Merkel stört es nicht.

  • Warum sollte sich Leistung auch lohnen? Das wäre ja noch schöner.

  • Statt die Rentensituation für Menschen zu verbessern, denen es eh meist schon besser geht als dem Durchschnitt, hätte man die Grundsicherungsrente verbessern sollen. Der Chef der Bundesagentur hat mal gesagt, die Höhe des Regelsatzes wäre unzumutbar, wenn man dauerhaft davon leben müsste. Dabei hat er aber übersehen, dass auch Grundsicherungsrentner von diesem Regelsatz leben müssen und zwar bis zum Lebensende ohne Aussicht darauf, , aus dieser Situation heraus zu kommen. Während Hartz4-Empfänger wenigstens noch mit 1-Euro-Jobs oder Minijobs ihre Situation verbessern können, wenn sie nicht chronisch krank sind, was auch oft der Fall ist, können viele Grundsischerungrentner aus gesundheitlichen Gründen nicht einmal mehr einen Minijob zusätzlich ausüben. Während man bei Hartz4- Empfängern einen Grundbetrag von 100 € Nebenverdienst anrechnungsfrei lässt, wird bei Grundsicherungrentern schon ab dem ersten Cent Zuverdienst der Regelsatz gekürzt, wenn der Rentner nicht zu krank und gebrechlich ist und noch fähig ist, etwas dazu zu verdienen. Auch lässt man dem Grundsicherungrenter einen im Vergleich zum Hartz4-Empfängern extrem niedrigeren Selbstbehalt, was das anrechnungsfreie Vermögen angeht. Die Grundsicherungrentner sind die wirklichen armen Schweine unserer Gesellschaft, um die niemand sich kümmert.

  • Die Logik der SPD ist voller Widersprüche. Es geht nicht mehr darum, einen stabilen Sozialstaat, eine stabile Gesellschaft zu haben, sondern es geht nur um Spielchen, Geld zu verteilen und Klientel zu befriedigen wahlweise zu bedenken. Eines ist aber konsequent: Die große Koalition arbeitet, wie man es erwartet hatte.

    Sie machen im Zweifel nichts, wollen auch nichts. Bei der nächsten Wahl wird sich jede einzelne Episode rächen, denn das SPD-Profil ist angekratzt und die Partei braucht neue Wähler. Mit solchen Aktionen werden sie aber nix gewinnen, denn dieses Klientel hier gehört schon der Union. Die sorgt insofern für sich selbst ganz gut.