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Kommentar Rente mit 67Ein wohlfeiler Akt

Eva Völpel
Kommentar von Eva Völpel

Die SPD agiert riskant, wenn sie die Aussetzung der Rente mit 67 fordert. Wenig spricht dafür, dass sie, falls sie 2013 wieder regiert, noch zu ihrer Forderung steht.

D ie SPD hängt sich in diesen Tagen weit aus dem Fenster, wenn sie die Aussetzung der Rente mit 67 fordert. Denn sie wird sich eines Tages an ihrer Forderung aus Oppositionszeiten messen lassen müssen. Jetzt kommt der Antrag eh nicht durch. Die harte Kritik der Regierungspolitik ist zum jetzigen Zeitpunkt ein wohlfeiler Akt, um das Wahlvolk mit sozialpolitisch warmen Gesten bei Laune zu halten.

Spannend wird es, sollte die SPD 2013 wieder an die Regierung kommen. Wenig spricht dafür, dass sie dann noch zu ihrer Forderung steht. Denn sie müsste gegen all die Arbeitgeberverbände, Wirtschaftsberater, Banker, Versicherungslobbyisten und gegen Union und FDP in die Schlacht ziehen, für die die Rente mit 67 eine unabänderliche Notwendigkeit ist. Noch dazu trommelt die Bundesregierung in der Eurokrise erfolgreich dafür, dass die anderen europäischen Länder ihre Regelaltersgrenze, am liebsten nach deutschem Vorbild, anheben. Da bräuchte es viel sozialdemokratische Standhaftigkeit.

Just die aber hat die Partei schon 2007 vermissen lassen, als sie die Rente in der großen Koalition mitbeschloss. Nur ein Rest versprengter Linker stimmte damals dagegen. Für die meisten Sozialdemokraten war die in das Gesetz hineinverhandelte Klausel, die Arbeitsmarktlage künftig alle vier Jahre zu überprüfen, Gewissensberuhigung genug, um für den späteren Ausstieg aus dem Job zu stimmen.

Bild: taz
EVA VÖLPEL

ist taz-Redakteurin für Soziales und Arbeitsmarkt im Ressort Inland.

Damals übrigens gab es die "Beschäftigungssituation Älterer" quasi noch gar nicht. Es fragt sich also, warum nicht schon früher die Erkenntnis reifte, die die Partei heute vor sich her trägt: dass die Rente mit 67 eine Zumutung ist. Für die meisten Beschäftigten, die sich im Job verschlissen haben, gibt es schlichtweg keine altersgerechten Arbeitsplätze. Bestraft werden sie dafür mit Altersarmut.

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Eva Völpel
Inlandsredakteurin
Jahrgang 1976. Ist seit 2009 bei der taz und schreibt über Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sowie die Gewerkschaften
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8 Kommentare

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  • P
    Philip

    Die 2 Kernaussagen dieses Textes sind

     

    1) Der SPD kann man kein Wort glauben, wenn sie die Aussetzung der Rente mit 67 fordert

    2) Richtig ist eben diese Forderung aber sehr wohl.

     

    Das scheint mir in der Summe auf eine Wahlempfehlung für die Linke hinauszulaufen; was ich keineswegs per se für etwas Ehrenrühriges halte.

     

    Das dann aber nicht auch ganz ausdrücklich genau so in den Text mit reinzuschreiben, ist an Verlogenheit nicht zu überbieten.

    Eva Völkel läuft daher bei mir bis auf Weiteres unter "zum Kotzen".

  • V
    vic

    Sie sollten die Rente kürzen, und das Ganze Reform nennen.

    Das käme aufs gleiche raus und wäre ehrlich.

  • H
    Hasso

    Seit Schröder ist die SPD doch eine Partei, der man nicht mehr über den Weg traut. Weder das 'C' im Logo der CDU hat eine wirkliche Bedeutung noch das 'S' bei der SPD. Neo-Liberale-, nichts weiter. Würden sie nicht um ihre Wählerstimmen bangen, so säßen sie im selben Boot wie die FDP. Allein schon, wie sie mit Hartz IV das Grundgesetz verletzt hat,wird man hoffentlich nicht so schnell vergessen.

  • S
    Schade

    Verlogen, verlogener, am verlogenstens.

    Manchmal denke ich das Ende oder endgültige Maß an Abartigkeit sei erreicht.

    Aber... leider...

    Ich habe keine Lust mehr, mir diesen ganzen Sch.... weiter zuzuführen.

    Am besten ignorieren wir diese ganzen I....

    konsequent

  • A
    andreas

    @wer führt krieg im nachrkiegsdeutschland? die grünen

    wer staucht das sozialsystem zusammen? die spd

    wer steigt aus der atomkraft aus? die cdu

     

    Meine Rede. Dazu kommt, daß das inzwischen die Arbeitgeberverbände oder die Waffenindustrie längst begriffen haben.

    Willst Du Krieg führen und Sozialabbau betreiben, lass über die Medien Rot/Grün immer als bessere Alternative aussehen ! Das kann dann schonmal die TAZ oder FAZ sein...

     

    P.S. Vergessen wir nicht die Aufregung darüber, daß unter SCHWARZ/GELB nicht am Krieg in Lybien teilgenommen wurde, was aus Sicht gerade linker Medien ein GROßER FEHLER war...

  • H
    heine

    Diese ganzen törichten Diskussionen um die Rente mit 67 sind so sinnlos wie das rumgeeiere um Wolff und auch vieles Andere mehr.Die Parteien in Deutschland missbrauchen den Wähler als totalen Deppen und es ist egal wer regiert,alle diese Weisen Politikexperten wollen um jeden Preis an die Macht um dann im gleichen Blödsinn weiter zu wursteln.Kein Wunder wenn die Leute langsam genug von diesen Dilettanten haben.

  • A
    aurorua

    Rente ab 60 Jahre inklusive Mindestrente von 1200,- Euro monatl. bei Erwerbsminderung etc, zur Kompensation dessen, Abschaffung der exorbitanten beitragsfreien Pensionen fuer Beamte und Politiker und Einfuehrung einer Beitragspflicht fuer alle Einkommensbezieher (Buergerversicherung)!

    Alles andere wie z.B. das jetzige mehrklassige Alterssicherungssystem ist unsozial, ungerecht, undemokratisch und definitiv verfassungswidrig, auch wenn unsere Verfassungsrichter als zukuenftige Pensionaere seit Jahrzehnten jede Klage zu Gunsten von Rentnern abweisen, derweil sie staendig Klagen zu Gunsten von Pensionaeren zulassen und nicht zuletzt auch zum eigenen Wohl entscheiden.

  • E
    emil

    wenn die politik ihrem paradox folgt, stets das zu tun, was nicht beabsichtigt ist, wird die cdu vermutlich die rente mit 67 kippen.

     

    ein auszug aus der geschichte zeigt nämlich:

    wer führt krieg im nachrkiegsdeutschland? die grünen

    wer staucht das sozialsystem zusammen? die spd

    wer steigt aus der atomkraft aus? die cdu

     

    also einfach mal die aussagen spiegeln und glücklicher werden :)