Kommentar Reformen Marokko: Demokratie allein reicht nicht
König Mohamed VI. kündigt demokratische Reformen an. Aber solange er das Land als seinen Privatbesitz betrachtet, wird sich nicht wirklich etwas ändern.
M arokkos König Mohamed VI. verspricht eine umfassende demokratische Verfassungsreform. Die Regierung soll künftig dem entsprechen, was die Untertanen an den Urnen zum Ausdruck bringen, die Gewalten im Staat sollen getrennt werden. Falls diese Reform ernsthaft in Angriff genommen wird, kommt sie dem, was viele Bürgerrechtsaktivisten und die neu entstandene Jugendbewegung wünschen, sehr nahe. Doch dies ist nur ein Teil dessen, was in Marokko am 20. Februar Tausende auf die Straße brachte.
Marokko ist ein Land, in dem nur wenige eine Zukunft haben. Die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch, die wirtschaftliche und soziale Lage für viele unerträglich. Gleichzeitig ist König Mohamed VI. laut Forbes der siebtreichste Monarch der Welt. Er hat ein Vermögen von 2,5 Milliarden Dollar angehäuft und liegt damit weit vor dem Herrscher von Ölländern, wie Qatar oder Kuwait. Seit der Monarch den Thron übernahm, hat er sein Vermögen verfünffacht.
Die Haupteinnahmequelle ist die Phosphatindustrie. Marokko beherrscht dank der Minen in der besetzten Westsahara die Hälfte der weltweiten Vorkommen und ist die Nummer 3 auf dem Weltmarkt nach China und den USA. Die königliche Holding ONA kontrolliert neben den Minen, Banken, Versicherungen, Lebensmittel- und Bauindustrie. Alle Aktivitäten zusammen genommen erzielen die königlichen Unternehmen über 6 Prozent des Bruttoinlandproduktes.
REINER WANDLER ist Spanien- und Nordafrikakorrespondent der taz.
Was im Lande lukrativ ist gehört dem Clan rund um den Königspalast. Die königliche Familie kauft ganze Bereiche der marokkanischen Wirtschaft auf. Ausländische Unternehmen bekommen nur eine Chance, wenn sie direkt mit Vertrauten des Königs verhandeln und ihnen Anteile am Geschäft vermachen. US-Botschafter warnten – das zeigen die von Wikileaks veröffentlichten Dokumente – deshalb amerikanische Unternehmer immer wieder davor, in Marokko zu investieren.
Vor diesem Hintergrund entsteht der Eindruck, dass sich Mohamed VI. etwas aus der Politik zurück ziehen wird, um das, was ihn wirklich interessiert zu sichern: Seinen Reichtum, der der Reichtum seiner Untertanen ist. Es wird keine echte demokratischen Entwicklung in Marokko geben, solange der König und sein Umfeld das Land als ihren Privatbesitz begreifen.
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