Kommentar Referendum in Mazedonien: Das Feindbild hat ausgedient
Das Referendum zur Namensänderung Mazedoniens mobilisierte zu wenige. Am Kurs Richtung Europa wird dieser Rückschlag aber nichts ändern.

D ie Volksabstimmung über die Namensänderung der „Ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien“ in „Nordmazedonien“ sollte den leidigen langjährigen Streit mit Griechenland beenden und das Land in die EU und die Nato führen. Doch auch wenn 90 Prozent der Wähler für die Namensänderung stimmten, so nahmen überhaupt nur 35 Prozent des Wahlvolkes an der Volksabstimmung teil. Zu wenig, um die Entscheidung herbeizuführen, dazu hätte es 50 Prozent Wahlbeteiligung gebraucht.
Dabei ging es bei der Abstimmung um viel mehr als um einen Namen – um die Zukunft des Landes und um die existentielle Frage, ob das Land in die EU und die Nato eintreten soll. Trotzdem gelang es nicht, die wahlmüde und politikskeptische Mehrheit der Menschen, die zwar nach allen Umfragen für die Integration in die EU und die Nato sind, zum Urnengang zu bewegen.
Die nationalistische Rechte VMRO-DPNE dagegen hat alles getan, um die Menschen buchstäblich von den Wahllokalen fernzuhalten. Sie sieht sich am Rande eines Abgrundes. Gewänne nämlich der Regierungschef und Sozialist Zoran Zaev noch einmal, könnte die VMRO-DPNE nie mehr wie bisher das Feindbild Griechenland an die Wand malen. Die skurrile Vereinnahmung von Alexander dem Großen als Held der slawischen Mazedonier reicht nicht mehr, um eine negative Stimmung gegen die nationale Gegensätze ausgleichende Regenbogenkoalition unter Zaev zu schaffen. Das Feindbild Griechenland wird nicht mehr dazu taugen, Wahlen zu gewinnen.
Zaev hat es mit der Namensänderung geschafft, die Griechen zu überzeugen, endlich ihren Widerstand gegen die Integration Mazedoniens in die EU und Nato aufzugeben. Jetzt muss der Hoffnungsträger der Linken auf dem Balkan zeigen, dass er die Nerven behält. Er muss eine Zweidrittelmehrheit im Parlament zustande bringen. Das geht nur mit Überläufern. Wenn das nicht gelingt, muss er zur Klärung der Verhältnisse Neuwahlen ausrufen. Allen Rückschlägen zum Trotz: Zoran Zaev und sein griechischer Kollege Alexis Tsipras sind dabei, die politischen Koordinaten auf dem Südbalkan positiv zu verändern.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Alles zur Bundestagswahl
Lindner und die FDP verabschieden sich aus der Politik
Wahlsieg der Union
Kann Merz auch Antifa?
Totalausfall von Friedrich Merz
Scharfe Kritik an „Judenfahne“-Äußerungen
FDP bei der Bundestagswahl
Lindner kündigt Rückzug an
Wahlergebnis der AfD
Höchstes Ergebnis für extrem Rechte seit 1945
Bundestagswahl 2025
Mehr gewollt und links verloren