Kommentar Rechtsstaatlichkeit: Polen im Rückwärtsgang
Polens Präsident Andrzej Duda strebt wie die PiS die Aufhebung der Gewaltenteilung an. Dabei soll er die Verfassung eigentlich schützen.
P olens Tage als demokratischer Rechtsstaat sind endgültig vorbei. Nachdem die mit absoluter Mehrheit regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) zunächst das Verfassungsgericht mit eigenen Gefolgsleuten besetzte, soll nun auch das oberste Gericht abgeschafft und neu gegründet werden. Auch der Landesjustizrat, der über die Unabhängigkeit der Justiz wacht und über die Besetzung der Richterstellen im ganzen Land entscheidet, soll seine bisherige Unabhängigkeit verlieren.
Im einen wie im anderen Fall sollen schon einen Tag nach Inkrafttreten der Gesetze alle Richter in den Ruhestand versetzt werden und deren Posten neu besetzt werden können. Es ist vorhersehbar, dass dies – wie bereits beim Verfassungsgericht – PiS-freundlich eingestellte Richter sein werden.
Polens Präsident Andrzej Duda, der seinem Amtseid zufolge die Verfassung bewahren und schützen soll, schien am Dienstag angesichts der Massenproteste auf der Straße tatsächlich aus seiner bisherigen Lethargie aufzuschrecken. Er stellte der PiS ein Ultimatum. Er werde das Gesetz über das oberste Gericht nicht unterzeichnen, wenn zuvor nicht seine eigene Gesetzesvorlage zum Landesjustizrat angenommen werde. Statt mit einfacher Mehrheit sollen die Richter mit einer Dreiviertelmehrheit in den Rat gewählt werden, was eine überparteiliche Einigung voraussetzt.
Doch letztlich war dies eine Finte. Die Enttäuschung der Opposition, die schon gehofft hatte, dass der Präsident seine bisherige Rolle als willfähriger Erfüllungsgehilfe der PiS aufgebe, war gewaltig. Denn letztlich ist auch der Gesetzesvorschlag des Präsidenten verfassungswidrig und untergräbt das Fundament der rechtsstaatlichen Demokratie in Polen.
Der Präsident strebt wie die PiS die Aufhebung der Gewaltenteilung an. Unterschreibt Duda am Ende die beiden Gesetze, wird Polen die längste Zeit eine Demokratie gewesen sein: nach gerade mal 28 Jahren.
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