Kommentar Razzia bei Flüchtlingshelfer: Im Dienst der Grauen Wölfe
Das Vorgehen der Ermittler*innen passt zu einem wachsenden Druck auf kurdische Gruppierungen hierzulande.
G ewalt ist ein Mittel, das der Staat sparsam und vor allem anlassbezogen einsetzen muss: Beschlagnahmungen und Hausdurchsuchungen setzen einen konkreten Verdacht voraus. Sie dürfen nicht dazu eingesetzt werden, das Engagement von Bürger*innen zu behindern und durch anschließende Öffentlichkeitsarbeit auch noch verächtlich zu machen. Das aber ist in Cuxhaven passiert.
Klar ist es infolge des PKK-Verbots legal, deren angebliche Aktivist*innen im Auge zu behalten. Warum es jedoch bereits eine Unterstützung des verbotenen Vereins sein soll, einen von ihnen im Auto zu einer gerichtlich für grundgesetzkonform befundenen Demo mitzunehmen, ist schleierhaft. Und welche Spuren die Ermittler*innen vier Monate nach der Versammlung in Privatwohnung und Computer des Fahrers aufzufinden hofften – wird wohl das Geheimnis der Ermittler*innen bleiben.
Deren Vorgehen passt zu einem wachsenden Druck auf kurdische Gruppierungen. Während Belgiens Justiz aufgrund der Passivität der PKK in Europa und der Tatsache, dass sie durch die türkische Offensive zur Kriegspartei geworden ist, deren Einstufung als Terrororganisation als völkerrechtswidrig kassiert hat, stellen sich deutsche Sicherheitsbehörden – hoffentlich ungewollt – in den Dienst ihrer neofaschistischen Gegner: Längst sind die Grauen Wölfe, deren Terror in der internationalen Fachliteratur erörtert wird, mit rund 18.000 Mitgliedern zur größten rechtsextremen Organisation Deutschlands angeschwollen.
Diese unterwandert demokratische Organisationen. Dem Verfassungsschutz fällt nur wenig zu ihr ein: Der publiziert lieber historische Dossiers über die PKK, was nachvollziehbar ist: Was still hält, lässt sich besser beobachten. Auf Gewalt kann man dabei trotzdem verzichten.
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