Kommentar Ratingagenturen: Glaubwürdiges Rating gesucht
Ratingagenturen müssen in Zukunft mehr Auskünfte über ihr Tun geben. Das ist gut. Besser wäre eine unabhängige internationale Agentur.
D ie Stiftung Warentest ist bei Verbrauchern so beliebt, weil man ihr glaubt, was sie sagt. Wenn sie eine Digitalkamera als „sehr gut“ bewertet, dann nicht, weil der Hersteller für das Lob bezahlt hat. Die Stiftung ist unabhängig und finanziert ihre Test aus eigenem und öffentlichem Geld.
Eine ähnliche Institution sollte es für die internationalen Finanzmärkte ebenfalls geben. Leider besteht auch nach dem jüngsten Regulierungsversuch der Europäischen Union wenig Aussicht, dass es bald dazu kommt.
Ratingagenturen bewerten die Bonität von Unternehmen und Staaten. Sie entscheiden mit über das Schicksal von Hunderttausenden Beschäftigten und Millionen Staatsbürgern. Eines der Probleme: Bei der Bewertung von Aktien und Staatsanleihen urteilen die drei beherrschenden privaten Agenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch nicht unabhängig, sondern oft gewinnorientiert, intransparent und interessengeleitet.
ist Autor der taz.
Dem schieben EU-Kommission und EU-Parlament jetzt teilweise einen Riegel vor. So müssen die Bewertungsfirmen künftig zum Jahresende festlegen, an welchen drei Freitagen des kommenden Jahres sie Ratings für Staatsanleihen herausgeben. Diese Festlegung verhindert, dass die Agenturen beispielsweise die Bonität verschuldeter Staaten gerade dann herabstufen, wenn diese ein Reformprogramm starten. Mehr als einmal haben solche Ratings sinnvollen Reformprozessen massiv geschadet.
Diese Regulierung ist richtig. Wünschenswert wäre allerdings: eine große, internationale und unabhängige Ratingagentur, etwa auf der Basis einer Stiftung. Dazu steht in dem aktuellen Kompromiss zwischen Parlament und Kommission wenig Konkretes. Merkwürdig: Dass Verbraucher und Investoren statt Finanzhokuspokus glaubwürdige Qualitätsbewertungen verlangen, liegt auf der Hand.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!