Kommentar Putins Jahres-PK: Von Feinden umzingelt
Der russische Präsident gesteht in seiner Jahres-PK die schwere Wirtschaftskrise des Landes. Seine Ukraine-Politik wird er deshalb nicht ändern.
E s war eine irre Jahresendpressekonferenz, die Wladimir Putin da gegeben hat. Eine kurze Rede, wirre Fragen nach dem Privatleben Putins, ein Betrunkener, der etwas gegen Coca-Cola hat, und ein Präsident, der sein Land von Feinden umzingelt sieht. Schnell war klar, dass Putin nicht gewillt ist, die russische Ukraine-Politik zu ändern, dass er die Aggressoren im Krieg um die Ostukraine in Kiew sieht.
Spannend waren dagegen seine Einlassungen zur ökonomischen Situation des Landes. Nach dem schwarzen Montag für den russischen Rubel, auf den ein noch schwärzerer Dienstag gefolgt war, blieb ihm nichts anderes übrig, als einzugestehen, dass sein Land in einer schweren Wirtschaftskrise steckt, die noch zwei Jahre andauern könnte.
Eine bemerkenswerte Feststellung. Der Politmacho Putin ist nunmehr der Präsident eines schwächelnden Landes. Seine Untertanen haben das längst bemerkt. Die Preissteigerungen tun gerade denjenigen weh, denen Putin Einschnitte durch die Reduzierung staatlicher Ausgaben angekündigt hat.
Die Verringerung des Wohlstands ist so etwas wie ein Kollateralschaden des Wirtschaftskriegs, den die USA und die EU gegen Russland führen. Ihr eigentliches Ziel haben die Sanktionen indes bislang verfehlt. Zu einer Änderung der russischen Expansionspolitik ist es nicht gekommen. Schon läuft die nächste Sanktionswelle, die westlichen Firmen jede Investition auf der Halbinsel verbietet.
Die Auswirkungen werden bald zu beobachten sein – bei den russischen Konsumenten an den Supermarktkassen. Es darf dem gern mit Werten argumentierenden Westen aber nicht darum gehen, Menschen ins Elend zu treiben. Es wäre an der Zeit, die Sanktionssprirale zurückzudrehen. Stärke zeigen hat nichts gebracht. Größe zeigen ist das Gebot der Stunde.
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