Kommentar Pulitzer-Preis: Ein Gewinn für die Pressefreiheit

Edward Snowden hat in Kauf genommen, als Staatsfeind zu gelten. Dieser Mut wird jetzt belohnt. Doch der Preis ist auch ein Zeichen gegen Obama.

Glückliche Gewinner: Eli Saslow und Barton Gellman (links) von der „Washington Post“. Bild: dpa

Edward Snowden bekommt täglich Morddrohungen. Für viele Amerikaner ist der Whistleblower der Staatsfeind Nummer eins. Ein „Vaterlandsverräter“, der die Aktivitäten der Geheimdienste als rechtswidrig entlarvt. Der die Belege an die Öffentlichkeit gibt, die beweisen, dass die staatliche Datensammelwut ohne jedes Maß ist. Und die obendrein keinerlei demokratischer Kontrolle unterliegt.

Dieser Mut ist jetzt mit dem wichtigsten Preis für Journalisten, dem Pulitzer-Preis in der Kategorie „Public Service“, ausgezeichnet worden. Das ist ein starkes Signal – nicht nur ins eigene Land hinein, sondern in die Welt hinaus.

Snowdens Kritiker werfen ihm seine Bereitschaft vor, Informationen in die Hände der Feinde zu geben, die Amerika schwächen, die eigenen Soldaten gefährden. Seine Unterstützer feiern ihn, weil er sein persönliches Wohlergehen riskiert, um gegen einen Staat zu kämpfen, der seine Macht und Möglichkeiten missbraucht – der arrogant und ohne Rücksicht auf Verluste agiert.

Der Preis wurde an den Guardian und an die Washington Post verliehen, die als Erste die „Leaks“ veröffentlichten und damit einen weltweiten Entrüstungssturm ausgelöst haben, der die Beziehungen der USA zu ihren Verbündeten bis heute nachhaltig beeinflusst.

Nun ist die Washington Post auf vieles stolz. Auf die legendären Watergate-Enthüllungen zum Beispiel. Besonders stolz ist sie aber, die erste Zeitung zu sein, die der Präsident der Vereinigten Staaten morgens (angeblich noch immer) in seinen Händen hält.

Protestschrei gegen die Sammelwut

Auch das ist wichtig, um die Verleihung des Preises einzuschätzen. Denn so sehr der Pulitzer-Preis eine Auszeichnung für den Mut Edward Snowdens und der verantwortlichen Journalisten ist, so sehr ist er aber auch ein Preis gegen die Überwachungspolitik der Obama-Administration. Er ist ein Protestschrei gegen die Sammelwut eines ehemaligen Verfassungsrecht-Professors, der denkt, mithilfe von Daten sein Land regieren zu können.

Niemand kennt die Motive von Snowden bis ins letzte Detail. Es ist aber unwichtig, welche Motive er wirklich verfolgt hat. Was zählt, ist, dass es bei aller Kritik an den Vereinigten Staaten durchaus Kräfte gibt, die die demokratischen Grundwerte verteidigen. Es zählt die Kraft und die Bedeutung, die eine mutige, eine wirklich freie Presse hat.

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Ines Pohl (Jahrgang 1967) war von Juli 2009 bis Juni 2015 Chefredakteurin der taz. Bevor sie als politische Korrespondentin für die Mediengruppe Ippen in Berlin arbeitete, leitete sie das politische Ressort der Hessischen /Niedersächsischen Allgemeinen. 2004/2005 war sie als Stipendiatin der Nieman Foundation for Journalism für ein Jahr an der Harvard University. Im Dezember 2009 wurde ihr der Medienpreis „Newcomerin des Jahres“ vom Medium-Magazin verliehen. Seit 2010 ist Ines Pohl Mitglied im Kuratorium der NGO „Reporter ohne Grenzen“. Außerdem ist sie Herausgeberin der Bücher: " 50 einfache Dinge, die Sie tun können, um die Gesellschaft zu verändern" und "Schluss mit Lobbyismus! 50 einfache Fragen, auf die es nur eine Antwort gibt" (Westend-Verlag)

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