Kommentar Polizisten beim KKK: Die neue schwäbische Transparenz
Noch nie zuvor hat ein Polizeichef all seine Untergebenen auf rechte Tendenzen überprüft. Dabei hat Baden-Württembergs Innenminister Gall einen großen Vorteil.
E s passiert Bemerkenswertes in Baden-Württemberg. Dass ein Innenminister seinen Landespolizeichef überprüfen lässt, wie viele Beamte mit rechtsextremen Tendenzen es in den eigenen Reihen gibt – das hat es so noch nie gegeben. Herausgekommen ist: neben den zwei Polizisten, die beim rassistischen Ku-Klux-Klan mitmischten, gab es in den letzten zehn Jahren 25 relevante Vorfälle mit rechtem Hintergrund in der Polizei, weitere stammen aus den 1990ern.
Darunter sind Polizisten, die in Skinbands spielten, Militaryshops mit NS-Devotionalien betrieben, wegen Volksverhetzung zu Geldstrafen verurteilt wurden oder Auto-Nummernschilder mit Neonazi-Szenekürzeln hatten.
Man muss dem baden-württembergischen SPD-Innenminister Reinhold Gall dankbar sein, dass er all dies nun öffentlich macht. Er hat erkannt, dass das verloren gegangene Vertrauen in die Sicherheitsbehörden nur durch eines wiederherzustellen ist: Transparenz.
ist Redakteur im Inlandsressort der taz.
Natürlich hat die grün-rote Landesregierung den Vorteil, dass sie die Affäre um die Ku-Klux-Klan-Polizisten auf die bis 2011 amtierenden Unionsinnenminister schieben kann, die den Vorgang jahrelang verschwiegen hatten. Verdienstvoll bleibt die Aufklärung trotzdem, denn im Polizeiapparat selber macht man sich als Innenminister kaum Freunde, wenn man ihn auf rechte Umtriebe durchleuchten lässt.
Ob alle Vorschläge Galls, braunen Tendenzen in der Polizei vorzubeugen, ihr Ziel erreichen, darf man aber bezweifeln. Eine interne Ansprechstelle für Fehlverhalten und eine Statistik aller Dienstvergehen einzuführen ist vernünftig. Unbrauchbar ist dagegen die Idee, dass angehende Polizisten nicht nur ihre Verfassungstreue bekunden, sondern explizit schriftlich versichern sollen, dass sie nicht in extremistischen Gruppen mitmischen. Denn wer eine Liste von al-Qaida über die NPD bis Scientology braucht, um zu wissen, wo er als Polizist nichts verloren hat, gehört eh nicht in den Staatsdienst.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei