Kommentar Pleite von Air Berlin: Am Himmel wird sich wenig ändern
Die Bundesregierung sichert vorerst den Betrieb von Air Berlin, das ist gut für die Kunden. Der unselige Trend zum (Billig-)Flugverkehr bleibt.
W as für ein Schreck! Mitten in der Sommerreisezeit ist die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft, Air Berlin, pleite. Mehr als 8.000 Beschäftigte bangen um ihre Arbeitsplätze; Zehntausende Kunden und Kundinnen sorgen sich um ihre bereits gebuchten Flüge; manche von ihnen, schon am Urlaubsort, fragen sich, ob sie pünktlich aus den Ferien nach Hause fliegen können. Ihnen hilft die Bundesregierung, und das ist richtig so. Ein Überbrückungskredit der Regierung in Höhe von 150 Millionen Euro soll den geplanten Flugbetrieb für rund drei Monate sichern.
Das mag fürs Erste beruhigen; Air Berlin kann die Sommersaison, die schon mit grotesken Schwierigkeiten bei der Gepäckabfertigung begann, halbwegs geordnet zu Ende bringen. Dennoch ist der Schaden durch die Insolvenz groß: Kaum ein potenzieller Kunde wird jetzt neu buchen, solange er nicht weiß, wer ihm am Ende seine Reise garantiert. Deshalb müssen Air Berlin und mögliche neue Interessenten wie die Lufthansa jetzt schnell eine tragfähige Nachfolgelösung finden; nur so lassen sich Arbeitsplätze retten.
Natürlich wäre es besser gewesen, wenn der bisherige Finanzier der Fluggesellschaft, Etihad Airways aus Abu Dhabi, ein geordnetes Verkaufsverfahren eingeleitet hätte. Stattdessen lassen die Bosse vom Persischen Golf, die Airberlin jahrelang stützten, die europäische Fluggesellschaft nun fallen wie eine heiße Kartoffel. Wer das Geld gibt, darf schließlich bestimmen: etwa über die strategische Ausrichtung und den Zeitpunkt, an dem der Geduldsfaden reißt.
Ob mit oder ohne Air Berlin – am Himmel wird sich nicht viel ändern: Der (Billig-)Flugverkehr, der zulasten von Umwelt, Flughafenanwohnern und Beschäftigten geht, wird weiterhin zunehmen. Weil es sich immer mehr Menschen leisten können und wollen, mit ihren Rollkoffern in andere Städte, an Strände, in Ski- oder Wandergebiete einzufallen, um etwas zu erleben, was sie posten können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service