Kommentar Piraten-Parteitag: Desillusioniert und ausgebrannt
Die Piraten sind Gefangene ihrer kraftzehrenden, basisdemokratischen Ideale geworden. Die Partei hat ihre besten Leute verschlissen.
F ür Patienten mit Burn-out-Syndrom hat die Medizin in den vergangenen Jahren breite Behandlungsmöglichkeiten entwickelt: Sie können sich an spezialisierte Ärzte wenden, einen Coach buchen oder in einer Fachklinik den seelischen Neuanfang angehen. Was aber, wenn der Patient eine Partei ist?
Beim Bundesparteitag in Bremen haben viele Piraten ihrer Organisation einen pathologischen Erschöpfungszustand attestiert. Desillusioniert und ausgebrannt – so fühlen sich die Polit-Idealisten nach endlosen Führungsstreitereien und dem Absturz in die Kategorie der „Sonstigen“ bei der Bundestagswahl. Wenn die neuen Vorstandsmitglieder heute politischen „Punkrock“ versprechen, klingt es nur noch fahl.
Die Piraten sind Gefangene ihrer eigenen kraftzehrenden und basisdemokratischen Ideale geworden, aufgerieben in ihrem unendlich anstrengenden Parteialltag.
Einen neuartigen Politikstil wollte die Partei prägen. Doch im eigenen Laden hat sie inzwischen eine Reihe ihrer besten Leute verschlissen. Den Exvorsitzenden Bernd Schlömer und seine Stellvertreter schickte die Basis nach seinem jahrelangen ehrenamtlichen Großeinsatz für die Partei in Bremen ohne eine Geste des Dankes nach Hause. Die meisten Provinztennisklubs sind da anständiger.
Zu einer Bezahlung des neuen Bundesvorstands rangen sich die Piraten nicht durch, trotz vehementer Appelle einflussreicher Mitglieder. Außerhalb des Internets jedoch gibt es gute Qualität leider selten gratis. So hat die Partei in Bremen jene Führungscrew bekommen, die sie gegenwärtig verdient: eine B-Liga-Riege. Überzeugende Ideen für den Ausweg aus der Krise lieferten die neuen Spitzenpiraten nicht. Burn-out-Patienten brauchen professionelle Hilfe. Für die Piraten ist diese gegenwärtig nicht in Sicht.
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