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Kommentar Philipp RöslerWesterwelle light

Matthias Lohre
Kommentar von Matthias Lohre

Die Kür eines Nachfolgers für den vielgeschmähten Westerwelle beendet die Agonie der Partei nicht. Viel ändern wird Rösler kaum - der Niedergang der FDP wird weitergehen.

P hilipp Rösler soll es richten: In diesem kurzen Satz steckt bereits das gesamte Dilemma der FDP. Die programmatisch und personell erschöpfte Partei schafft es mit letzter Kraft, sich einen neuen Vorsitzenden zu geben. Ein sehr junger Politiker, der nicht recht will, soll einen noch nicht alten Politiker ersetzen, der seinen Platz nicht räumen wollte.

Bei ihrem steilen Abstieg ist der FDP die Frage abhanden gekommen, wohin ein neuer Chef sie überhaupt führen soll. Die Kür eines Nachfolgers für den vielgeschmähten Guido Westerwelle beendet die Agonie der Partei nicht. Ihr Niedergang wird hinter einer freundlicheren Fassade weitergehen.

Es ist bezeichnend, dass die Politiker der FDP derzeit nicht einmal den Anschein zu erwecken versuchen, in der Führungsdebatte gehe es um Inhalte. Stattdessen beschwören sie einen "Generationswechsel". Als sei das Alter der Weggedrängten das Problem: Westerwelle ist 49 Jahre alt, die bisherige Fraktionschefin Birgit Homburger 45.

privat

MATTHIAS LOHRE, ist Parlamentskorrespondent der taz, er widmet sich vor allem der FDP und den Grünen.

Tatsächlich krankt die FDP an ihrer selbst verschuldeten Unmündigkeit. Wirbelwind Westerwelle schlug seit seinem Amtsantritt als Generalsekretär 1994 die Trommel und die Partei folgte ihm - umso bereitwilliger, je mehr Wahlerfolge ihm recht zu geben schienen. Dabei blieb auf der Strecke, was eine wirklich liberale Partei ausmachen muss: streiten für Individualität und Meinungsvielfalt. Im Gefolge des großen Vorsitzenden, nicht als seine Antipoden, ist die künftige Parteiführung an die Macht gelangt. Deshalb bedeutet Röslers Kür nicht das Ende der unter Westerwelle begonnenen Irrfahrt der FDP. Sie steht für deren Fortsetzung.

Das Trio der Mittdreißiger Rösler, Christian Lindner und Daniel Bahr hat auch deshalb mit dem Griff zur Macht gezögert, weil sie selbst noch nicht wissen, was sie damit wollen. Ausgerechnet Rösler soll seiner Regierungspartei in voller Fahrt eine Kursänderung verordnen. Viel ändern wird der neue, noch unsichere FDP-Kapitän nicht. Seine Umbauten am Gesundheitssystem deuten an, dass er am Privatisieren von Risiken festhalten will. Rösler ist Westerwelle light.

Hinter dem neuen Parteichef steht weiterhin der alte auf der Brücke - als Strippenzieher und medienpräsenter Außenminister. Die Entscheidung für den blassen Herrn Rösler löst nicht die Probleme der FDP. Sie fügt ihnen womöglich ein weiteres hinzu.

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Matthias Lohre
Schriftsteller & Buchautor
Schriftsteller, Buchautor & Journalist. Von 2005 bis 2014 war er Politik-Redakteur und Kolumnist der taz. Sein autobiographisches Sachbuch "Das Erbe der Kriegsenkel" wurde zum Bestseller. Auch der Nachfolger "Das Opfer ist der neue Held" behandelt die Folgen unverstandener Traumata. Lohres Romandebüt "Der kühnste Plan seit Menschengedenken" wird von der Kritik gefeiert.
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3 Kommentare

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  • WB
    Wolfgang Bieber

    Der Rücktritt Westerwelles vom Parteivorsitz war zwar ein richtiger Schritt, doch leider kein allzu weiter. Solange der FDP-Grande Außenminister bleibt und einfach durch einen anderen liberalen Minister ersetzt wird, wirkt der Partei-Umschwung nicht glaubwürdig:

    http://bit.ly/eEDeyC

  • EA
    Enzo Aduro

    Der Rösler ist schon ein schlauer Kerl. Und er sieht das ganze liberale schon genzheitlicher. Nur kann er es eben in der FDP momentan schwer durchsetzen. Er steht auf gar keinen Fall für "nur Steuersenkungen", sondern zb auch für Subventionsabbau bei der Wirtschaft.

     

    Als er noch NI- Wirtschaftsminister war, weit vor der Bundestagswahl, hat er wörtlich gesagt das die FDP weiter "nach links" müsse. Mit Sicherheit will er auch nicht die SPD links überholen.

     

    Aber von Daherndorf bis nach Seeheim ist es ja auch nicht weit.

     

    Nur kommt er mir in der aktuellen FDP, vor allem neben dem Brüderle, der in seiner arbeit ja auch geistig an seine grenzen stößt, in etwa so eingezwängt wie es beim Atomausstieg der Herr Röttgen war.

     

    Ich hoffe der Rösler kann sich mit seinen sozialeren ansätzen durchsetzen. Seine bisherige Regierungsarbeit sollte man -wenn man es ehrlich meint- nicht auf die Goldwaage legen. Wir wissen ja alle das Apotheker und andere Elemente im Gesundheitswesen sehr eng mit der FDP verbunden sind. In etwa wie die nicht wettbewerbsfähigen Photovoltaikhersteller mit den Grünen, oder die Steinkohle mit der SPD. Dafür kann aber Rösler nichts.

  • S
    sFritzle

    So jemand wir Rösler als... Vizekanzler...? Da verwundert auch das Allerletzte nicht mehr in diesem Lande. Nun bleibt mir nur noch, Frau Merkel eine lange und vor allem gesunde Kanzlerschaft zu wünschen. Auch das aktuelle Deutschland hat Rösler nicht verdient.