Kommentar Panzer für Riad: Ein Bündnis, auf Sand gebaut
Es ist scheinheilig, in Deutschland Salafisten zu verfolgen, aber Panzer in die ideologische Heimat des Salafismus, Saudi Arabien, zu verkaufen.
G erade erst versucht der deutsche Innenminister, mit Razzien und dem Verbot eines deutschen Salafisten-Vereins hart gegen diese fundamentalistische Spielart des Islam in Deutschland vorzugehen.
Just in diesem Moment signalisiert die ideologische Heimat des Salafismus, also Saudi-Arabien, dass es den geplanten Import 300 deutscher Panzer, von dem bislang die Rede war, gern auf 600 bis 800 Stück aufstocken würde. Der Zeitpunkt, zu dem diese Nachricht bekannt wird, ist für Berlin pikant. Denn es erscheint scheinheilig, die Anhänger einer islamischen Sekte hierzulande verfolgen zu wollen, während man mit ihren geistigen Paten zugleich allerbeste Geschäfte macht.
Im Atomkonflikt mit dem Iran, im Kampf gegen al-Qaida und im Nahen Osten setzt Berlin auf Riad. Deswegen bildet Deutschland saudische Polizisten aus, deshalb will Angela Merkel deutsche Panzer in den Wüstenstaat liefern. Diese Bündnispolitik ist so fragwürdig wie kurzsichtig.
Haben die bisherigen Aufstände des Arabischen Frühlings nicht all jene westlichen Regierungen blamiert, die die Diktatoren der Region bis dahin hofierten, weil sie in ihnen ein Bollwerk gegen radikale Islamisten oder Flüchtlingsströme aus Afrika sahen? Merkel droht eine ähnliche Peinlichkeit, denn Saudi-Arabien könnte seine Panzer jederzeit gegen Proteste im Inneren einsetzen.
Dass es davor nicht zurückschreckt, hat Saudi-Arabien schon gezeigt, als es die friedlichen Proteste im Nachbarland Bahrain unterdrücken half. Und auch im Königreich selbst sind die Zustände nicht stabil – das lässt sich daran ablesen, dass dem 88-jährigen saudischen König Abdullah mit dem Tod seines ebenso greisen Halbbruders Naif binnen kurzer Zeit bereits der zweite Thronfolger abhandengekommen ist.
Eine Bündnispolitik, die auf solche Partner setzt, ist im wahrsten Sinne des Wortes auf Sand gebaut.
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