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Kommentar Palästinensische EinigungVorsichtige Hoffnung

Kommentar von Peter Philipp

Die palästinensische Regierung und die Hamas scheinen ihren Konflikt lösen zu wollen. Versucht wurde das schon öfter. Die Zweifel sind deshalb groß.

Demonstration zum 29. Jahrestag der Hamas in Gaza-Stadt Foto: dpa

D ie Nachricht aus Kairo löst vorsichtigen, aber auch ungläubigenOptimismus aus: Mit Hilfe offizieller ägyptischer Stellen seien Vertreter der Fatah-geführten palästinensischen Regierung in der Westbank und ihre Kontrahenten von der im Gazastreifen herrschenden islamistischen Hamas übereingekommen, einen neuen und ernsthaften Versuch zur Beilegung ihres Zwists zu unternehmen.

Die Hamas habe sich dabei bereit erklärt, ihre erst im März eingesetzte Schattenregierung aufzulösen, Vertreter der vor zehn Jahren aus Gaza vertriebenen Westbank-Regierung dorthin zurückzulassen und längst überfällige Neuwahlen vorzubereiten, an denen die Hamas sich beteiligen werde.

Die jetzt ins Spiel gebrachte Vereinbarung löst Zuversicht aus, weil der tiefe Bruch zwischen beiden Gruppen ein wichtiges Hindernis auf dem Weg zu einer Regelung mit Israel darstellt. Gleichzeitig stärkt die Erfahrung der letzten Jahre den Zweifel, dass nun der Weg offen sei zu einem gemeinsamen Weg der Palästinenser.Versuche dieser Art hatte es nämlich wiederholt gegeben, keiner aber hatte Erfolg. Ein Grund dafür war der ideologische Unterschied: Die Fatah von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hielt am Oslo-Abkommen und der Zweistaaten-Lösung fest, für die Hamas gab und gibt es nur taktische Schritte, um den einen Staat zu erlangen: Palästina – ohne Israel.

Die unnachgiebige Haltung Israels unter Premier Benjamin Netanjahu brachte Mahmud Abbas und die Fatah 2006 um den Wahlsieg. Die Hamas errang die Mehrheit, was sie dazu verleitete, die Konkurrenz im Gaza­streifen zu entmachten und zu vertreiben – der Bruch war da. Und selbst die besten Absichten dürften nun nicht verhindern, dass die bisherige Erfolglosigkeit von Abbas der Hamas einen erneuten Wahlsieg einbringt.

Eine Neuauflage der Ereignisse von 2007 droht dann – nicht nur in Gaza, sondern auch der Westbank. Damit aber wäre niemandem gedient.

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3 Kommentare

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  • Sie werden sich einigen müssen, der Gazastreifen wird von der UN inzwischen als unbewohnbar bezeichnet. Überbevölkert, keine ausreichende Infrastruktur (Wasser, Strom), keine Arbeit, keine Perspektive.

    • 3G
      36387 (Profil gelöscht)
      @Energiefuchs:

      Seit wann "muss" die Hamas - eine antisemitische Terrororganisation, die auch gerne arabische Muslime hinrichtet wegen der Mitmenschen eine andere Politik machen?

       

      Noch nicht mitbekommen, dass die Hamas in Gaza die Bevölkerung als Geiseln und lebende Schutzschilde genommen hat?

  • Was ist eigentlich aus der „Gemeinsamen Regierung der Palästinenser“ geworden, die im Jahr 2014 mit viel Rummel gegründet wurde? Sie sollte die Kräfte der Palästinenserorganisationen zusammenführen, nach dem Motto: „Gemeinsam sind wir stark“. Als es aber ernst wurde, war von dieser „Gemeinsamen Regierung“ nichts mehr zu hören, gar nichts. Hamas und Fatah handeln seitdem wieder, wie bisher, jeder für sich selbst!

     

    Das Problem ist doch nach wie vor, dass – Kompromiss hin oder her - jede der beiden Seiten sich selbst als die einzig legitime Vertretung aller Palästinenser versteht und von der anderen Seite mehr oder weniger offen fordert, dies anzuerkennen. Man will zwar die Einheit, aber natürlich unter der jeweils eigenen Führung.

    An der im Beitrag genannten Frage, was aus Israel werden soll, wird vermutlich auch diese Vereinbarung zerbrechen