Kommentar Orbán Hochschulgesetz: Juncker muss handeln
Ungarns Ministerpräsident hat wiederholt maßlos überzogen – und die EU-Kommission schweigt. Damit muss jetzt endlich Schluss sein.
P rüfen ja, einschreiten nein: Das war bisher die Devise der EU-Kommission, wenn es um Ungarn ging. Ministerpräsident Viktor Orbán war zwar nicht wohlgelitten in Brüssel. Doch trotz aller Kritik genoss er Narrenfreiheit.
Damit muss nun Schluss sein. Orbán hat maßlos überzogen. Die rücksichtslose Abriegelung der Grenzen, die abschreckende Asylpolitik, das neue Hochschulgesetz und nun auch noch die Bürgerbefragung „Stoppt Brüssel!“ – das geht zu weit.
In Berlin und Genf hat man das begriffen. UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi hat die EU aufgefordert, keine Asylsuchenden zurück nach Ungarn zu schicken, weil sie dort nicht mehr sicher sind – ihnen droht Containerhaft. Die Bundesregierung will Asylsuchende nur noch dann nach Ungarn abschieben, wenn die Behörden dort die EU-Standards der Unterbringung in jedem Einzelfall garantieren. De facto heißt das Abschiebestopp.
Die große Frage ist nun, wie die Europäische Kommission reagiert. Bisher hat sie sich an der Nase herumführen lassen. „Hallo Diktator“, scherzte Kommissionschef Jean-Claude Juncker, als er Orbán traf. Gehandelt hat er nicht.
Auch Justizkommissarin Vera Jourova zögert. Sie glaube nicht, dass Vertragsverletzungsverfahren oder andere Maßnahmen helfen würden, erklärte sie bereits am Montag. Dabei will die Kommission erst Mittwoch entscheiden.
Wie ist diese halbgare Haltung zu erklären? Offenbar spielen parteipolitische Interessen in der konservativen Europäischen Volkspartei eine Rolle. Der EVP-Club, der auch CDU/CSU angehören, hat Orbán lange gefeiert und gedeckt.
Zwar scheint die EVP nun vom Mauerbauer aus Budapest abzurücken. Sogar von EU-Sanktionen ist plötzlich die Rede. Doch dem Sinneswandel müssen Taten folgen. Juncker muss endlich einschreiten. Dass er mit einem EVP-Ticket gewählt wurde, ist keine Entschuldigung fürs Nichtstun.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag