Kommentar Olmert in Annapolis: Friedenstaube ohne Flügel
Israels Premier Ehud Olmert kann in Annapolis nichts erreichen. Denn die Regierung steht nicht hinter dem Regierungschef mit den schlechten Popularitätsquoten.
B is auf den verstorbenen PLO-Chef Jassir Arafat, der nicht mehr von der Partie sein kann, nehmen an den Verhandlungen in Annapolis auf palästinensischer Seite die gleichen Politiker teil, die schon vor 14 Jahren in Oslo dabei waren. Das ist einer der Gründe dafür, dass die Menschen in den besetzten Gebieten, deren Lebensniveau, persönliche Sicherheit und wirtschaftliche Lage sich seither deutlich verschlechtert haben, kaum Hoffnung auf einen neuen Friedensprozess setzen. Israels Premierminister Ehud Olmert hingegen gibt in Annapolis sein Verhandlungsdebüt. Die Israelis sind deshalb jedoch nicht optimistischer.
Susanne Knaul ist Nahost-Korrespondentin der taz.
15.000 Aktivisten aus dem rechtsnationalen Lager gingen am Montag gegen die Konferenz auf die Straßen von Jerusalem. Unter den Demonstranten waren auch Mitglieder von Olmerts Regierungsbündnis und sogar Parteifreunde. Selbst wenn es dem israelischen Regierungschef mit Kompromissen ernst sein sollte - seine jetzige Koalition wird ihn an einer Umsetzung zu hindern wissen. Das tut sie zum Teil schon jetzt mit Gesetzentwürfen, die eine Teilung Jerusalems praktisch unmöglich machen, sollten sie verabschiedet werden.
Israels Regierungschef braucht ein neues Bündnis, das zu finden ihm nicht allzu leicht fallen dürfte. Der "linke" Koalitionspartner Ehud Barak, Chef der Arbeitspartei, hat nach den im Sommer 2000 in Camp David gescheiterten Verhandlungen eine dramatische Rechtskurve zurückgelegt. Er entwickelt sich zunehmend zum Hardliner und tritt bei fast allen Annäherungsversuchen Olmerts an die Palästinenser auf die Bremse. Erschwerend tritt hinzu, dass Olmert die Veröffentlichung des zweiten Teils vom Winograd-Bericht zum Libanonkrieg droht. Fraglich ist, ob sich der Premier überhaupt bis zum Ende seiner Amtszeit halten wird.
Nahezu ohne Rückhalt aus dem eigenen Haus und mit beschämenden Popularitätsquoten müsste Olmert beinahe neidisch auf seinen Kontrahenten Mahmud Abbas sein. Der Palästinenserpräsident hat wenigstens seine Minister unter Kontrolle, wenn er de facto auch nur über die Hälfte der Palästinensergebiete regiert.
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