Kommentar Offizielle syrische Opposition: Überraschend vernünftig
Hilfskorridore und Gefangenenfreilassung: Die Allianz hat mit ihren Forderungen klug reagiert. Offen bleibt, ob es bei den Gesprächen in Genf nützen wird.
D as größte syrische Oppositionsbündnis mit Sitz in Istanbul ist unter den Kämpfern gegen Assad im Land extrem umstritten. Doch jetzt hat es einen guten Job gemacht. Die von ihm gestellten Bedingungen sind richtig. Angesichts der Seuchengefahr und einer beginnenden Hungerkatastrophe in Syrien ist es mehr als dringend nötig, darauf zu pochen, dass Assad Korridore schafft. Humanitäre Hilfe muss endlich auch in den Gebieten seiner Gegner möglich sein.
Auch zu verlangen, dass die ungezählten politischen Gefangenen freigelassen werden, die das Assad-Regime kontinuierlich macht und in der Regel foltern lässt, ist zentral. Die Gefängnispolitik von Assad spielt in den westlichen Medien bislang eine viel zu geringe Rolle. Umso wichtiger, sie auf die internationale Themenagenda zu setzen.
Und schließlich hat die Opposition auch mit ihrer dritten Forderung recht, nämlich am Regimewechsel festzuhalten und sich damit dem Druck Russlands zu widersetzen. Sie würde auch jede Glaubwürdigkeit bei den AktivistInnen im Land verlieren, rückte sie davon ab, dass es ein neues Syrien nur mit einem neuen Machthaber geben kann.
Doch obgleich sich das in Istanbul angesiedelte Oppositionsbündnis nun überraschend klug verhalten hat und obgleich es alternativlos ist, Vertreter des Assad-Regimes und Oppositionelle im Rahmen einer Friedenskonferenz an einen Tisch zu bringen – es bleibt ein Problem.
Bislang hat es Assad glänzend verstanden, sich immer wieder als seriöser Staatsmann zu inszenieren. Stichwort Chemiewaffen. Sein Regime wird nur dann Zugeständnisse machen und Genf nicht nur als weitere Bühne nutzen, um das eigene Image aufzupolieren, wenn die internationale Gemeinschaft eine überzeugende Drohkulisse aufbaut. Anzeichen gibt es dafür noch keine. Leider.
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