Kommentar Offensive gegen Schlepper: Fataler Aktionismus
Die EU dämonisiert Schlepper und nennt sie in einem Atemzug mit Terrorismus. Doch die Erhöhung der Strafen schadet wieder einmal: den Flüchtlingen.
O ffensiven gegen Schlepper sind seit langem zentraler Teil des Kampfes der EU gegen irreguläre Migration. Dies- und jenseits des Mittelmeers hat sie dafür gesorgt, dass Beihilfe zur illegalen Einreise geahndet wird, als handele es sich um ein Kapitalverbrechen. In Griechenland etwa drohen bis zu 25 Jahre Haft.
Um hierfür Akzeptanz zu schaffen, wurden die Schlepper dämonisiert. Die EU nennt sie in einem Atemzug mit Terrorismus, ihr Geschäft wird umstandslos mit Menschenhandel in eins gesetzt. Die Erhöhung der Strafen hatte Folgen: Immer seltener ließen die Schlepper Kapitäne mitfahren. Stattdessen mussten die Flüchtlinge Boote selbst steuern. So droht nicht nur Strafverfolgung – auch Seenot ist programmiert. Das dürfte viele tödliche Unglücke mitverursacht haben.
Nun geht die EU weiter: Statt ihnen die Geschäftsgrundlage zu entziehen und einen legalen Zugang nach Europa einzurichten, sollen Schlepper behandelt werden wie eine feindliche Armee. Wie dies legitimiert und militärisch laufen soll, weiß bislang nur die EU allein.
Um es klar zu sagen: Unter den Schleppern gibt es viele, die sich wenig für das Leben der Flüchtlinge interessieren, sondern nur für deren Geld. Es geht aber nur in zweiter Linie um die Frage, ob die Schlepper wegen der – teils mörderischen – Art, wie sie ihr Geschäft organisieren, von der EU angegriffen werden dürfen.
Viel wichtiger ist, was dann mit den Flüchtlingen passiert. Denn sie werden die Hauptleidtragenden sein: In einem der für sie derzeit schlimmsten Transitstaaten, nämlich Libyen, wird sich ein Rückstau bilden. Die Preise für die Passagen werden steigen, die Migranten müssen länger dort ausharren, viele werden auf andere irreguläre Routen ausweichen – zusätzliche Risiken und Entbehrungen inklusive. Dahin zurückgehen, woher sie gekommen sind, aber werden sie nicht.
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