piwik no script img

Kommentar Ölförderung vor den KanarenBohrturm statt Sandstrand

Reiner Wandler
Kommentar von Reiner Wandler

Die spanische Regierung dreht die Uhr zurück. Auf den Kanarischen Inseln setzt sie statt auf Erneuerbare Energien auf Ölförderung.

Anfang Juni in Telde auf Gran Canaria: Protest gegen geplante Ölbohrungen. Bild: reuters

S paniens konservative Regierung dreht die Uhr zurück. Nicht nur im Sozialbereich und bei den Bürgerrechten, sondern auch in der Energiepolitik. Ministerpräsident Mariano Rajoy scheint sich das Motto der Republikaner in den USA zu eigen gemacht zu haben: Mit „Bohr Baby, bohr!“ forderten sie einst die Erdölsuche vor der Küste der USA, anstelle des Ausbaus der erneuerbaren Energien.

Auch Rajoy sieht den vermeintlichen Ausweg aus der Energiekrise auf dem Meer. Vor den Kanarischen Inseln soll bald schon nach Erdöl gesucht werden. Das werde Spanien wettbewerbsfähiger und vor allem unabhängiger von Erdölimporten machen.

Rajoy sitzt den gleichen Denkfehlern auf, wie seine Gesinnungsgenossen auf der anderen Seite des Atlantiks. Selbst wenn das spanische Unternehmen Repsol vor der afrikanischen Küste Öl findet, wird Spanien wenig davon profitieren. Erdöl wird zum Weltmarktpreis gehandelt, egal woher es kommt. Billiger wird die Energieversorgung dadurch nicht.

Gleichzeitig würgen die Konservativen – ganz im Sinne der übermächtigen Energieversorger – die Entwicklung der erneuerbaren Energien ab. Das Land, das über Sonne und Wind im Überfluss verfügt, arbeitete sich in den 1990er und den 2000ern an die Weltspitze. Ein Moratorium der Konservativen, das den Ausbau der erneuerbaren Energieformen stoppt, machte diese Entwicklung zunichte. Damit verliert Spanien die einzige Branche, die für eine flächendeckende Industrialisierung sorgte und die Milliarden im Exportgeschäft verdient hat.

Die Regierung setzt die falschen Signale. Ein Blick auf die kleinste Kanareninsel zeigt, wo die Zukunft liegt. El Hierro versorgt sich seit diesem Monat zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen und senkt damit nicht nur den CO2-Ausstoß, sondern auch den Strompreis für die Verbraucher.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Reiner Wandler
Auslandskorrespondent Spanien
Reiner Wandler wurde 1963 in Haueneberstein, einem Dorf, das heute zum heilen Weltstädtchen Baden-Baden gehört, geboren. Dort machte er während der Gymnasialzeit seine ersten Gehversuche im Journalismus als Redakteur einer alternativen Stadtzeitung, sowie als freier Autor verschiedener alternativen Publikationen. Nach dem Abitur zog es ihn in eine rauere aber auch ehrlichere Stadt, nach Mannheim. Hier machte er eine Lehre als Maschinenschlosser, bevor er ein Studium in Spanisch und Politikwissenschaften aufnahm. 1992 kam er mit einem Stipendium nach Madrid. Ein halbes Jahr später schickte er seinen ersten Korrespondentenbericht nach Berlin. 1996 weitete sich das Berichtsgebiet auf die Länder Nordafrikas sowie Richtung Portugal aus.
Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • An Zynismus nicht zu überbieten ist folgender Kommentar eines PP-Stadtrates von den Kanarischen Inslen. Wenn es aufgrund der Bohrungen zu einer Ölpest an den Stränden käme, dann hätten wenigstens viele Menschen auf den Kanarischen Inseln Arbeit, wenn sie den Strand säubern müssten.

  • irrationales 'regieren' dieser und anderer Art ist meiner Ansicht nach nur durch Bestechung und Bestechlichkeit zu erklären

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Diesem Artikel ist eigentlich nichts hinzuzufügen außer daß es sehr traurig ist, daß es noch so rückständige Politiker gibt. Das Ökoinstitut Freiburg hat vor etwa 25 Jahren ausgerechnet, daß auf den Dächern Baden-Würtembergs mit Sonnenenergie die 50-fache Energiemenge erzeugt werden kann, die das Bundesland damals verbrauchte.

    Und ausgerechnet Spanien kapiert diese riesige Chance nicht, dauerhaft für sich selbst und für Europa viel Energie umweltschonend erzeugen zu können. Rajoy braucht offenbar erst eine Ölkatastrophe, um das zu verstehen.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      oder die spanische bevoelkerung, die die PP wieder ins amt gehievt hat

      • @the real günni:

        irrationales 'regieren' dieser und anderer Art ist meiner Ansicht nach nur durch Bestechung und Bestechlichkeit zu erklären