Kommentar Ökostrom-Prognose: Konsequenz Laufzeitverkürzung
Die Regierung gibt zu, dass der Ökostromanteil stärker steigt als angenommen. Jetzt muss die Laufzeitenverkürzung her. Doch im Umweltministerium wird zurückgerudert.
E ine gute Nachricht zum perfekten Zeitpunkt: Auch die Bundesregierung nimmt nun die Realität zur Kenntnis und korrigiert ihre Prognose für den Ausbau erneuerbarer Energien deutlich nach oben: Statt von 30 Prozent Ökostrom im Jahr 2020 geht sie nun von knapp 39 Prozent aus. Kurz vor der Entscheidung über das Energiekonzept verliert die Regierung damit ihr letztes Argument für Laufzeitverlängerungen für Atomkraftwerke.
Denn bei seinen vielen Aussagen zur Energiepolitik hat sich Bundesumweltminister Röttgen (CDU) in einer Position so klar festgelegt, dass er kaum dahinter zurückfallen kann: "Wir brauchen die Atomkraft so lange, bis der Ökostromanteil 40 Prozent erreicht hat", sagte er mit leichten Variationen in praktisch jeder Rede und jedem Interview zum Thema.
Nach den bisherigen Szenarien der Regierung hätte das eine Laufzeitverlängerung von vier bis acht Jahren bedeutet. Die neue Prognose verändert die Situation dramatisch: Laut Atomkonsens würde das letzte AKW im Jahr 2023 vom Netz gehen. Wenn die 40 Prozent Ökostrom nun spätestens 2021 erreicht werden und Röttgen zu seinem Wort steht, muss er ab sofort nicht mehr über Laufzeitverlängerungen reden - sondern über Verkürzungen.
Malte Kreutzfeldt leitet das taz-Ressort für Wirtschaft und Ökologie.
Im Umweltministerium wird darum bereits zurückgerudert und auf das noch ausstehende Energiekonzept verwiesen. Doch weil die aktuelle Prognose die realistischen Erwartungen nach heutigem Stand wiedergeben, kann ein neues Konzept dahinter nicht zurückfallen.
Falls die Regierung im September plötzlich mit anderen Zahlen arbeitet, bewiese das lediglich, dass die Laufzeitverlängerung unter allen Umständen durchgedrückt werden soll. Rationale Argumente gibt es dafür jetzt auch nach offizieller Regierungssicht nicht mehr.
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