Kommentar Obergrenze für Kita-Extras: Der Druck auf die Eltern wird bleiben
Die Deckelung bei den versteckten Kita-Gebühren wird nicht verhindern können, dass ärmere Eltern bei der Platzsuche benachteiligt sind.
Z ahlungskräftige Eltern sind bei der Kitaplatzsuche im Vorteil – und das wird auch die von Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) festgesetzte Obergrenze nicht ändern können. Höchstens 90 Euro pro Monat dürfen Kitas von Eltern künftig für freiwillige Extras wie Kinderturnen oder Frühenglisch verlangen – die allerdings so freiwillig nicht sind, weil die Bereitschaft, zu zahlen, natürlich darüber entscheidet, ob jemand einen aussichtsreichen Wartelistenplatz bekommt.
Diese Obergrenze mag nun offiziell den von Scheeres diagnostizierten „Wildwuchs“ bei den versteckten Kitagebühren einhegen. Doch der von den Eltern, die nicht zahlen können oder wollen, gefühlte Druck wird bleiben.
Zum einen, weil auch 90 Euro im Monat nicht wenig sind. Zum anderen, weil es einfache Wege um die offizielle Obergrenze herum gibt. Wenn eine Kita etwa 150 Euro im Monat für die Sauna am Montag und die Trommelgruppe am Donnerstag will, dann ist davon auszugehen, dass die Mehrheit der Eltern dieser Kita genau das bezahlen will: Auch in der Kita gilt, wie im richtigen Leben, das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Und bevor die Eltern auf die Dinge verzichten, die sie für ihr Kind wollen, gründen sie eben einen Förderverein oder stellen eine Spendenkasse auf.
Natürlich müssen Mitgliedschaft im Förderverein und Spendenkasse freiwillig sein. Aber es wäre naiv, zu glauben, dem Kitaträger wäre nicht daran gelegen, seine Elternklientel zufriedenzustellen. Und teure Extras lohnen sich natürlich nur dann, wenn möglichst viele Eltern mitmachen und zahlen. Wer da auf der Warteliste das Nachsehen hat, ist klar. Zumal es – Obergrenze hin oder her – schwierig bleiben wird, zu beweisen, dass man auf der von der Kita in Eigenregie geführten Warteliste tatsächlich benachteiligt wurde.
Das Problem würde sich ein Stück weit erledigen, wenn die von den Eltern begehrten Extras einfach Bestandteil des finanzierten Berliner Bildungsprogramms würden. Um Abgehobenheiten wie allzu häufiges Saunieren zu vermeiden, böte sich eine Obergrenze von 90 Euro im Monat für die aus der Landeskasse finanzierten Extras an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Autounfälle
Das Tötungsprivileg
Spardiktat des Berliner Senats
Wer hat uns verraten?
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!