Kommentar Obamas Syrien-Rede: Barack Obama gewinnt Zeit
Wenn Obama sein Gesicht wahren kann, ohne dazu Bomben werfen zu müssen, kann man ja nur dankbar sein. Nun muss die gewonnene Zeit genutzt werden.
E s war ein erstaunliches Schauspiel, die Rede von US-Präsident Barack Obama an die Nation am Dienstagabend. Geplant, um eine kriegsmüde Bevölkerung für einen Militärschlag zu gewinnen, geriet die Rede zu einem Appell an das Gute im Amerikaner.
Doch die Erleichterung des Präsidenten, durch den Lapsus seines Außenministers und die anschließende russische Initiative zur Kontrolle und Vernichtung der syrischen Chemiewaffen Zeit gewonnen zu haben, war unüberhörbar.
Obama kann erst einmal vermeiden, sich vom Kongress eine Abfuhr zu holen. Er kann die seit Tagen von ihm konsequent überhörte Frage, was er denn in diesem Fall tun würde, nun auch ganz offiziell ignorieren. Und damit es nicht allzu dumm aussieht, behauptete er, schon seit Monaten mit Russlands Präsident Putin über solch eine Lösung beraten zu haben. Das kann stimmen – aber so, wie die Dinge am Montag liefen, sah nichts nach Strategie aus. Egal: Wenn Obama sein Gesicht wahren kann, ohne dazu Bomben werfen zu müssen, kann man ja nur dankbar sein.
Jetzt kommt es darauf an, die gewonnene Zeit auch zu nutzen, und das gilt nicht nur für die USA, Frankreich und Großbritannien, die im Sicherheitsrat eine Resolution durchbringen wollen, die Assad verpflichtet zu tun, was er jetzt versprochen hat.
Wer die zweieinhalb Jahre des Syrienkonflikts verfolgt hat, muss schon verwundert feststellen, dass die weltweite Aufregung nie so groß war wie ab dem Moment, als eine US-Intervention bevorzustehen schien. Als ob erst dann Krieg herrscht, wenn US-Raketen einschlagen. Das ist vorerst abgewendet. Aber den Zivilisten in Syrien ist damit noch wenig geholfen. Es war auch der Druck der Öffentlichkeit, der den US-Schlag vorerst verhindert hat. Das ist gut. Aber beim Status quo ante zu verharren, ist keine Option.
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