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Kommentar Obamas Guantanamo-PläneEr gibt nicht auf

Rieke Havertz
Kommentar von Rieke Havertz

Der US-Präsident zeigt in der Frage des Gefangenenlagers etwas, das selten geworden ist: Haltung. Dafür verdient er Applaus.

Szene aus Camp Delta, Guantanamo Bay. Foto: reuters

W as sind nicht immer alle enttäuscht von Barack Obama. Nicht links genug ist der US-Präsident, nicht konsequent genug und überhaupt, die ganze schöne „Change“-Agenda ist aus Sicht seiner Kritiker nach zwei Amtszeiten nicht wirklich etwas wert.

Ja, ja, hätte alles besser laufen können. Aber wenn es um eins seiner wichtigsten Versprechen geht, gibt Obama nicht auf: die Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo. Und natürlich werden die Zyniker und Pessimisten sofort sagen: Wird eh nichts, vielleicht gut gemeint, aber schlecht gemacht.

Es ist tatsächlich unwahrscheinlich, dass der von den Republikanern dominierte Kongress in einem Präsidentschaftswahljahr seine Position ändert und zulässt, die Gefangenen in den USA zu inhaftieren. Terroristen auf amerikanischem Boden? Niemals. Nichtsdestotrotz zeigt Obama trotz des Widerstands etwas, was selten geworden ist in der Politik: Haltung. Mitten im Vorwahlkampf dominiert er für einen Moment die Schlagzeilen und lenkt die Aufmerksamkeit auf eine Schande in der amerikanischen Politik.

So kurz vor dem Ende seiner Amtszeit müsste er sich die Mühe nicht mehr machen. In den USA ist das Thema kein großer Aufreger, an seiner Geschichtsschreibung im eigenen Land ändert der Baustein Guantanamo rein gar nichts. Und dennoch hält er zu Recht daran fest, dass das Foltergefängnis verschwinden muss. Haltung sollte man unbedingt honorieren.

Mitten im Vorwahlkampf dominiert Obama für einen Moment die Schlagzeilen und lenkt die Aufmerksamkeit auf eine Schande in der amerikanischen Politik.

Die aussichtsreichen republikanischen Präsidentschaftsbewerber sind alle große Fans des Lagers auf Kuba. Donald Trump hat kein Problem mit Waterboarding – das er nicht mal Folter nennen möchte – und Marco Rubio setzt auf Gitmo als letzte Bastion, um die Sicherheit Amerikas vor allen Terroristen dieser Welt zu garantieren. In diesem Geschrei setzt Obama mit seinem neuen Vorstoß zusätzlich einen Kontrapunkt. Applaus, Applaus.

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Rieke Havertz
Leiterin taz.de
Jahrgang 1980, studierte Journalistik und Amerikanistik an der Universität Leipzig und der Ohio University. Seit 2010 bei der taz, zunächst Chefin vom Dienst, seit Juli 2014 Leiterin von taz.de. Schreibt schwerpunktmäßig Geschichten aus den USA.
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7 Kommentare

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  • Kein Applaus, denn: Wie bereits bei Billy Clintons Wahl wurde von Obama eine entscheidende Wende der US-Innen und Außenpolitik erwartet. Egal, wie progressiv er in der Zeit vor seiner Präsidentschaft gewesen sein mag - bewiesen hat er lediglich, daß der Präsident der USA kaum etwas ausrichten kann, wenn er sich gegen die Eliten, gegen den Militärisch-industriellen Komplex und gegen den - spätestens seit dem Mord an JFK existierenden - Tiefen Staat richtet. So führte er im Wesentlichen die reaktionäre, aggressive und imperialistische Politik seines Vorgängers fort. Bekanntlich haben die Rechten Obamas Spielraum durch ihre Obstruktionspolitik zusätzlich noch extrem eingeengt - hätte er (wie auch immer) einen Befreiungsschlag versucht, wäre er umgebracht worden. - Eine realistische Befürchtung, die Weggefährten Obamas nach seiner ersten Wahl zum Präsidenten öffentlich äußerten. - Es ist deshalb nahezu egal, wer in den USA Präsident ist. Mal hat er - wie Obama - ein netteres, intelligenteres Gesicht, mal ist es dummer Cowboy. Für die Teile der Welt, die unter dem US-Imperialismus leiden, ist dies völlig egal. Und daran ändert ein letzter Versuch, das Folterlager auf Kuba zu schließen, auch nichts mehr. Kein Applaus!

  • Ich habe Obama nichts zugetraut und das hat er gehalten.

    Applaus, Applaus.

  • "Donald Trump hat kein Problem mit Waterboarding – das er nicht mal Folter nennen möchte"

     

    Ernsthaft? Hat er es an sich selbst getestet und für harmlos befunden? Was ein Mann!

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Ich hätte mindestens die Wiederholung des Wortes Applaus weggelassen. Obama hat in Zeiten, wo er was tun konnte, nicht viel getan. Im nahen Osten hat er weitergewurschelt, in Klimafragen so gut wie nichts gemacht, gegen den Rechtsruck im Land (die Cops arbeiten weiter, wie gewohnt, in Texas dürfen jetzt die Studenten mit der Waffe in die Uni gehen) war er wohl zu schwach. Und Europa hat jetzt auch noch die sehr gefährlichen Probleme Syrien, Ukraine und eine von Obama herbeigeführte Feindschaft zu Putin als Abschiedsgeschenk des Präsidenten zu verarbeiten. Nein, das war kein Meisterstück.

  • Obama ist weit hinter den Erwartungen zurück geblieben, die man anfangs in ihn gesetzt hat. Trotzdem, seine Bilanz ist nicht Null. Anfangs hielt man ihn für eine Art Messias, der die Welt retten würde. Was hat man weltweit gejubelt. Jetzt stellt sich raus, dass er eben auch nur ein Mensch ist. Er kann die Welt nicht retten. Trotzdem hat er hier und da Verbesserungen erreicht, und das gegen massiven Widerstand. Dafür gebührt ihm Respekt. Vielleicht wird man irgendwann feststellen, dass, egal wie oft er versagt hat, er immer noch der beste Präsident war, den die USA jemals hatten. Jedenfalls bis jetzt.

     

    Es wird Zeit, dass Trump an die Macht kommt, um einem heruntergekommenen Land zu beweisen, dass die Zustände immer noch schlimmer werden können.

  • Es bleibt der Skandal, dass es das Lager immer noch gibt. In 40 Jahren erfahren wir dann, dass andere in Ramstein inhaftiert waren.

  • Hatte Obama nicht bereits zum Amtsantritt verkündet, Guantanamo wird geschlossen?