Kommentar OECD-Bildungsvergleich: Die vererbte Bildungsarmut

13 Prozent der Um-die-30-Jährigen haben weder abgeschlossene Berufsausbildung noch Abitur. Das ist ein Armutszeugnis für Deutschland.

Ein Grafitti in einem Klassenzimmer zeigt einen Bleistift in einer Faust

Bildung ist der Schlüssel: 13 Prozent der Um-die-Dreißig-Jährigen haben keinen abgeschlossenen Berufsabschluss Foto: reuters

Berlin bleibt schlau. Mit diesem Spruch wirbt die Berliner SPD, die seit mehr als zwei Jahrzehnten an der Regierung ist, derzeit im Wahlkampf in der Hauptstadt.

Der Spruch ist ein schlechter Witz: Jeder dritte Jugendliche in Berlin kann nicht ausreichend lesen, schreiben oder rechnen – und dem Senat fällt dazu bloß ein, die Leistungsanforderungen weiter herabzusetzen und die Veröffentlichung von Vergleichsergebnissen in Frage zu stellen. Eine Frechheit. Dass Berlin kein Einzelfall ist, zeigt die neueste Studie der Wirtschaftsorganisation OECD, die weiter Nachholbedarf in der deutschen Bildungspolitik sieht. Und das völlig zu Recht.

Denn laut OECD haben in Deutschland 13 Prozent der Um-die-30-Jährigen keine abgeschlossene Berufsausbildung oder Abitur. Diese Bildungsverlierer sind nicht nur auf dem Arbeitsmarkt abgehängt, sondern oft auch von politischer Teilhabe ausgeschlossen – und entsprechend anfällig für Extremisten.

Das ist ein Armutszeugnis für Deutschland, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Anteil der Bildungsverlierer in anderen Ländern sinkt, in Deutschland aber konstant bleibt.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Weder ist es nur der Migrationshintergrund von Schülern, wie der Bildungserfolg von Kindern mit vietnamesischen Wurzeln zeigt, noch sind es nur die soziale Herkunft oder zu geringe Bildungsausgaben. Berlin beispielsweise gibt nicht weniger Geld pro Schüler aus, hat aber schlechtere Ergebnisse als andere Städte mit ähnlicher Sozialstruktur.

Bildungsarmut wird auch vererbt, weil viele Schulen nicht willens oder nicht in der Lage sind, eine möglicherweise mangelnde Unterstützung der Eltern auszugleichen. Das kann auch an falschen Konzepten liegen: Wenn Grundschüler sich den Stoff selbst erarbeiten sollen, obwohl sie nicht lesen können, führt das zwangsläufig zu Überforderung und Misserfolg. Und dazu, dass der Einfluss der Eltern auf den Bildungserfolg ihrer Kinder weiter zunimmt.

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Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.

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