Kommentar Notstand in Frankreich: Überwachung jetzt aufgerüstet

Die Datenbank TES widerspricht allen französischen Traditionen. Und was der einjährige Ausnahmezustand tatsächlich gebracht hat, ist unklar.

Polizisten und Touristen vor dem Eiffelturm in Paris

Zusaätzlich zu mehr Polizei und Soldaten auf den Straßen soll auch noch besser überwacht werden Foto: dpa

Ein Jahr nach den Attentaten von Paris und Saint-Denis wird wieder über eine Verschärfung der geltenden Ausnahmegesetze debattiert. Das Gedenken für die 130 Todesopfer vom 13. November 2015 ist eine Herausforderung und ein Appell zum Handeln. Der Staatsführung, die sich in der Bekämpfung des Terrorismus keiner Unterlassungssünde schuldig machen will, geht es dabei vielleicht mehr um das Image als um eine echte Notwendigkeit bei der Fahndung und Ermittlung.

Nach dem schrecklichen Attentat von Nizza am Nationalfeiertag ist der Notstand vom französischen Parlament um sechs Monate verlängert worden. Auf gesetzlicher Ebene war das wohl die einzige Antwort, die die Staatsführung zur Verfügung hatte. Dennoch war diese diskussionslose Verlängerung von Ausnahmegesetzen, die rechtsstaatliche Garantien für die Bürgerfreiheit und den Schutz der Privatsphäre außer Kraft setzen, eine Geste der Ohnmacht.

Das Innenministerium in Paris brüstet sich mit Zahlen von Festnahmen und eher vage klingenden Angaben über verhinderte Anschläge. Eine echte Bilanz liegt nicht vor und ist vielleicht gar nicht möglich. Aber eine Aufrüstung im Bereich der Überwachung schon! Das beweist die neue Datenbank TES, die vor einer Woche von der Regierung auf Druck des Innenministers fast unbemerkt per Dekret eingeführt worden ist.

Was mit TES da jetzt neu in kombinierter Weise an Daten, Personalien und biometrischen Details von 60 Millionen Franzosen und Französinnen mitunter auch für polizeiliche Ermittlungen zugänglich wird, lässt alle Datenschützer und Bürgerrechtsorganisationen erschaudern. Eine solche umfassende Erfassung widerspricht allen französischen Traditionen.

Dass dies zum Schutz der BürgerInnen vor Attentaten unumgänglich war, hat die Regierung nicht belegt oder erklärt. Die Proteste gegen TES verhallten ohne Echo im Rummel um die Gedenkfeiern für den 13. November.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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