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Kommentar Neues Gesetz BabyklappeMeisterstück in Bürokratie

Das Familienministerium will das Recht auf Anonymität lockern. Aber man kann genausowenig ein bisschen anonym sein wie ein bisschen schwanger.

Der Gesetzentwurf geht teilweise zulasten der Anonymität der Mutter. Bild: dpa

E ine eindeutige Rechtslage hat Familienministerin Kristina Schröder (CDU) mit dem Gesetz zur anonymen Geburt schaffen wollen. Aber herausgekommen ist – nach monatelangem Verhandeln – ein bürokratisches, lebensfernes Ungetüm.

Da sollen die verzweifelten Schwangeren, die nicht wollen, dass irgendjemand vom ungewollten Kind erfährt, eine Beratungsstelle aufsuchen – und sich ausweisen. Die Daten sollen in einem verschlossenen Briefumschlag 16 Jahre lang aufgehoben werden – damit die Kinder später erfahren können, wer ihre Mutter ist.

Dass dem Recht des Kindes auf Wissen um Abstammung mehr Raum gegeben werden soll, ist nachvollziehbar. Das aber geht zulasten der Mutter und der ihr zugesagten Anonymität. Die Hürden, die durch das neue Gesetz aufgebaut werden, scheinen noch höher zu sein als bisher.

Bild: privat
Simone Schmollack

ist taz-Redakteurin für Geschlechterpolitik.

Und: Welche zum Teil kopflose Frau sucht nach einer Schwangerschaftsberatungsstelle? Von der sie, gerät sie an eine konfessionelle Einrichtung, möglicherweise befürchten muss, umgestimmt zu werden?

Kristina Schröder will – wieder mal – allen Seiten gerecht werden, sie versucht Gegner von Babyklappen und anonymer Geburten entgegenzukommen und dabei die Befürworter nicht zu verprellen. Ähnlich ausgleichend hat die Familienministerin schon bei den Verhandlungen zum Betreuungsgeld und zur Familienpflegezeit agiert. Herausgekommen sind Kompromisse, mit denen niemand zufrieden ist.

Vollkommen abgeschafft werden sollen die Babyklappen trotzdem nicht. Es gebe Fälle, räumt die Ministerin ein, in denen Babyklappen besser helfen als irgendein Gesetz. Warum so vorsichtig? Kristina Schröder hätte durchaus ein Gesetz vorlegen können, das sich eindeutig auf die Seite verzweifelter Schwangerer stellt.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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7 Kommentare

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  • G
    golm

    Wahrscheinlich bin ich zu einfach gestrickt, aber warum kann man von Frauen nicht erwarten, dass sich vorher überlegen ob sie Kinder bekommen wollen oder nicht? Wofür sind wir eigentlich in der Schule frühzeitig mit Aufklärungsunterricht gequält worden?

  • H
    Helga

    Was macht denn eine "taz-Redakteurin für Geschlechterpolitik" beruflich? Dagegen ist ja "irgendwas mit Medien" eine eindeutige Berufsbezeichnung. Aber es ist doch immer wieder lustig, diese kenntnislosen, krampfhaften "Ich bin dann mal dagegen"-Artikel in der taz zu lesen - wobei das auf die Dauer doch recht langweilig wird, weil halt gar keine journalistische Substanz vorhanden ist. Der Fachkräftemangel bei der taz wird immer erschreckender.

  • G
    Gronz

    Als Adoptivkind, welches ernsthafte Probleme hat Kontakt zu den leiblichen Eltern herzustellen, halte ich die Frist von 16 Jahren für arg kurz. Welcher Teen, pubertäts- und identitätsmäßig gebeutelt, kann denn mit 15-16 Jahren die Tragweite dessen begreifen und sichert sich diese Infos? Ich persönlich hatte in dem Alter ganz andere Probleme. Das Interesse an der eigenen Geschichte und die Erkenntnis wie wichtig dies für mich ist kamen erst später. Zudem: Was, wenn Adoptivkinder nur durch Zufall von der Adoption erfahren, z.B. weil sie wegen der eigenen Heirat einen Geburtsregisterauszug brauchten, da steht sowas dann drin, und die 16 Jahre sind rum? Blöd wenn die eigenen (Adoptiv-)Eltern einem sowas dann nicht gesagt haben und der Umschlag vernichtet wurde. Es geht hier einfach nicht nur um die Rechte von Müttern und mir ist klar, daß es für diese zu Zwangslagen kommen kann, in denen sie eine anonyme Geburt brauchen. Ich habe auch keinen goldenen Weg, aber grundsätzlich muss es für das Kind eine Möglichkeit geben die eigene biologische Herkunft erfahren zu können. Es ist, und bitte all ihr Nichtadoptierten glaubt mir das, total Scheisse einen dunklen Fleck an dieser wichtigen biographischen Position zu haben.

    Die im Kommentar angebrachte Kritik an der Bürokratisierung, speziell der Verpflichtung Beratungsstellen aufzusuchen, teile ich. Aus persönlicher Erfahrung wollte ich nur noch etwas mehr Licht auf die Kinder werfen, die unter einer anonymen Geburt im Laufe ihres Lebens zu knabbern haben werden.

  • MW
    Martin Winkler

    Die Kommentare zu diesem Gesetz sind überwiegend bissig bis ablehnend. Richtige Alternativen tauchen in den Kommentaren aber nicht auf. Ein Aufheben der Anonymität in ferner Zukunft dürfte für die Betroffenen nach meiner Einschätzung kaum keine Rolle spielen. (16 Jahre sind in einer solchen Situation doch eine Ewigkeit.) Die Babyklappe wurde bei ihrer Einführung auch hoch gelobt, bis man feststellte, dass durch sie eine eigene Nachfragedynamik erzeugt wird. Das Gesetz verdient ein faire Chance.

  • C
    Chrissy

    Sowohl für die anonymisierten Mütter, als auch für deren Kinder gibt es Notwendigkeiten. Ich kenne mich leider nicht aus mit der Thematik,

     

    was sind denn die Beweggründe dieser Mütter?

    Wie kann ein "Umschlag" die Identität der Mutter 16 Jahre lang sicher "speichern", gibt es ein Backup, falls ein Gebäudebrand einen Umschlag vernichtet?

     

    Warum dürfen Kinder erst mit 16 Jahren an die Mutter herantreten?

    Haben die Kinder später auch ein Recht darauf, zu erfahren wer der Vater ist, soweit es der Mutter bekannt ist?

     

    Fies fies

     

    cw

  • N
    NigNog

    Nö, das hätte sie vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung zum Thema Samenspende nicht tun können. Das Gesetz wäre direkt kassiert worden. Aber diesmal geht's ja um Frauen, statt um Männer, weshalb man sich ja endlich empören darf. #Aufschrei.

  • I
    irmi

    Deutschland scheint mir Weltmeister der Bürokratie zu sein, fragt sich ob man sich da was drauf einbilden kann.

    ich möchte mal erleben, das man Gesetze macht die hinterher nicht durchlässiger, nicht noch weit schwieriger sind als vorher. Alles immer wieder nur ein Flickwerk um sich wichtig zu machen.

     

    Egal was es ist, Deutschland ist einfach zu kompliziert, Formulare, Formulare, Genehmigungen ohne Ende für jeden Furz, dazu noch beibringen von Dokumenten ohne Ende und natürlich Kosten, damit der Staat auch was hat davon.

     

    Beispiel: eine Freundin verheiratet mit einem Ausländer der Deutscher werden will dazu sind fast 40 Seiten Formulare auszufüllen, Dokumente ohne Ende beizubringen und weil sie eben einen Ausländer geheiratet hat muss sie die Deutsche einen Antrag machen (allein hier mehrere Seiten) und muss damit beweisen eine Deutsche zu sein. Bis der Beweis eine Deutsche zu sein nach Monaten endlich mal kommt, sind gewisse Dokumente nicht mehr gültig (Gültigkeitsfrist 6 Mon.), somit geht die ganze Tour von vorne los. Wer bezahlt all die Dokumente dann wieder natürlich, der Antragsteller, das ist Schikane, das ist pervers hier.