Kommentar Nazis und Waffen: Hochgefährliche Waffennarren
In Kassel bietet ein Neonazi Waffen zum Kauf. Der Fall zeigt: Rechtsextreme lassen auch nach dem NSU nicht von Waffen. Die Szene bleibt explosiv.
E s kann niemand ernsthaft geglaubt haben, dass mit dem Auffliegen des NSU-Trios die rechtsterroristische Gefahr gebannt wäre. Aber wer mal wieder einen Beweis suchte, kann derzeit nach Süddeutschland schauen. Dort soll, wenn sich die Angaben bestätigen, ein Neonazi bei einem Gesinnungsgenossen zwei Pistolen bestellt haben – mit Aussicht auf „mehr“, wenn der Deal klappt.
Der Fall zeigt einmal mehr: Die rechte Szene kann von Waffen nicht lassen. Von Einzelfällen braucht hier niemand reden. In Norddeutschland ging die Bundesanwaltschaft gegen ein Werwolf-Kommando vor, deren mutmaßlicher Anführer derzeit eine zwölfjährige Haftstrafe absitzt, weil er einen Mann niedergeschossen hat. In NRW stießen Ermittler beim Verbot von drei der aktivsten Kameradschaften auf Pistolen, ein Gewehr und mehrere hundert Schuss scharfe Munition.
Im Ausland sollen deutsche Neonazis laut Sicherheitsbehörden im letzten Jahr mehrere Schießübungen absolviert haben. Und erst jüngst nahm die Bundesanwaltschaft die „Oldschool Society“ hoch, die nach Ansicht der Ermittler Anschläge auf Moscheen und Asylunterkünfte plante und dafür bereits illegale Pyrotechnik hortete.
All diese Fälle spielen nach dem Ende des NSU. Und es vergeht kaum eine Razzia gegen Rechtsextreme, die nicht mit Waffenfunden endet. Dieser Befund, gepaart mit einer Ideologie aus dumpfer Ablehnung aller Anderslebenden und archaischer Gewaltfaszination, schafft eine denkbar beunruhigende Melange. Die wird umso explosiver in Zeiten, in denen Ressentiments gegen Asylsuchende sich in immer weitere Teile der Gesellschaft schleichen, in der heute schon Flüchtlingsunterkünfte brennen und unverhohlen Gewaltfantasien im Internet durchgespielt werden. Allzu leicht könnten sich Neonazis in dieser Situation eingeladen fühlen, „zur Tat zu schreiten“ und gegen die vermeintliche „Überfremdung“ in den Kampf zu ziehen.
„Taten statt Worte“, gab sich der NSU als Leitspruch. In der rechten Szene gilt dies vielen bis heute. Es gibt keinerlei Grund zur Beruhigung.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Die Neuen in der Linkspartei
Jung, links und entschlossen
Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz
Macron sortiert seine Truppen
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär