Kommentar NRW-Staatssekretärin: Ende eines PR-Gags
Hannelore Kraft hat die NRW-Integrationsstaatssekretärin zurecht entlassen. Der Fall Kaykin zeugt vom fragwürdigen Umgang der SPD mit der Integration.
D ie Entlassung von Zülfiye Kaykin war überfällig. Überraschend ist nur, dass die NRW-Integrationsstaatssekretärin der rot-grünen Landesregierung nicht schon vor Monaten den Gefallen getan hat, freiwillig abzutreten. Und dass es erst eines Strafbefehls der Duisburger Staatsanwaltschaft gegen sie bedurfte, um Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zum Handeln zu bewegen, zeugt nicht von politischem Instinkt.
Seit mehr als zwei Jahren wabert die Affäre um Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Kaykins Tätigkeit als Geschäftsführerin der Begegnungsstätte der Türkisch-Islamischen Union Ditib in Duisburg-Marxloh. Immer wieder forderte die Landtagsopposition vergeblich den Rauswurf der deutschen Muslimin. War am Anfang im Regierungslager von einer „Hetzkampagne“ die Rede, verstummten die Verteidigungsstimmen zuletzt. Zu offensichtlich wurde, dass an den Vorwürfen etwas dran ist.
Der Fall Kaykin zeugt vom fragwürdigen Umgang der SPD mit dem Thema Integration. Die damalige Oppositionsführerin Kraft hatte die Deutschtürkin vor der Landtagswahl 2010 in ihr Kompetenzteam geholt, um ein wahlkampftaktisches Gegengewicht zu dem populären CDU-Landesintegrationsminister Armin Laschet zu setzen.
Doch zur Integrationsministerin machte Kraft sie dann doch nicht, nur zur Staatssekretärin. Denn tatsächlich hat die Integrationspolitik in der Landesregierung nicht den versprochenen hohen Stellenwert.
Kaykin war in erster Linie ein PR-Gag – und zwar von Beginn an ein höchst fragwürdiger. Denn Kraft setzte ausgerechnet auf eine frühere Ditib-Funktionärin. Dabei hätte auch ihr bewusst sein müssen, dass Ditib als Vorfeldorganisation der türkischen Regierung in Sachen Integration nicht gerade an vorderster Front steht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch