Kommentar NPD-Verbotsverfahren: Falsches Signal, falscher Zeitpunkt
Die SPD will ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD einleiten. Dabei gibt es so viele bessere Wege, Rechtsextremismus zu bekämpfen.
Banken kündigen der NPD und deren Mitgliedern die Konten, ihre Schülerzeitungen durften die Rechtsextremen nicht verteilen, ihre finanzielle Situation ist so mies wie selten zuvor, der am vergangenen Wochenende geplante Parteitag musste ausfallen. Unternehmen, Gemeinden und Polizei entdecken gerade, welche Möglichkeiten sie haben, um der NPD entgegenzutreten. Mit diesen Nadelstichen verstören sie die Rechtsextremen; ihre Meldungen werden von Mal zu Mal weinerlicher. Doch die SPD erklärt diese Jammerlappen nun zu einer Gefahr, gegen die nur ein Verbot hilft.
Selbst in kleinen mecklenburgischen Orten schließen sich inzwischen Menschen zusammen, um etwas gegen die Rechtsextremen zu tun. Ihr Widerstand ist noch unsicher und suchend. Aber diese Aktivisten haben sich selbst entschieden, etwas gegen die NPD zu tun - und das, obwohl sie arbeitslos sind oder auch als Rentner ihre Ruhe haben könnten. Die SPD sollte solches Engagement kräftig fördern. Nicht unbedingt mit Geld, sondern durch Mitmachen.
Aber was macht die SPD? Sie benimmt sich wie ein großes Kind, das sich nicht gegen einen kleinen schmutzigen Jungen wehrt, nur weil der die Klappe aufreißt. Stattdessen ruft es nach der Lehrerin, damit die den Großkotz vom Schulhof schmeißt.
Ja, von der NPD geht Gefahr aus. Sie ist zum stärksten Knoten im Netz der Rechtsextremen geworden. Im Kampf gegen diese Partei darf der Staat seine Bürger nicht allein lassen - auch das ist klar. Aber es gibt so viel Besseres als ein NPD-Verbot, um den Menschen zu helfen, sich selbst zu wehren. Eine besser ausgebildete Polizei, die Opfer von Tätern unterscheiden kann beispielsweise. Oder Schulen, die es erlauben, über die NPD zu diskutieren - auch wenn die Schüler nicht sofort die erwünschten Antworten geben. Dann erst hätten die nämlich die Chance zu begreifen, welche Gefahr von deren Ideologie ausgeht.
Aber all diese genannten Dinge bereiten natürlich mehr Mühe als jeder Verbotsantrag. Die SPD hat offenbar keine Lust zu kämpfen. Sie gibt lieber gleich auf.
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