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Kommentar Mohammed-ComicDas große Gähnen

Rudolf Balmer
Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer und Rudolf Balmer

Eine Karikatur der Karikatur: Die immer neue Veröffentlichung von Mohammed-Zeichnungen lässt die Öffentlichkeit inzwischen kalt.

E in handfester Skandal ist die beste Werbung. Die Masche ist bekannt und entsprechend auch ziemlich ausgeleiert. Heutzutage braucht es noch eine dicke Provokation, um Aufsehen zu erregen. Mit den ersten dänischen Mohammed-Karikaturen gelang dies wider Erwarten.

Andere Publikationen, darunter das französische Magazin Charlie Hebdo, zogen damals nach. Das Satireblatt wurde erst zum Ziel von Drohungen, dann eines Anschlages. Gestern veröffentlichte Charlie Hebdo zum dritten Mal Mohammend-Karikaturen.

Die Redaktion hat mit dem Anschlag ein legitimes Motiv mehr, ihr Recht auf Meinungsfreiheit immer wieder zu demonstrieren - zu zeigen, dass sie sich nicht einschüchtern lässt. Die anderen Medien müssen beweisen, dass sie bereit sind, diese Freiheit zu verteidigen.

Bild: taz
Rudolf Balmer

ist Frankreich-Korrespondent der taz.

Und dennoch schlägt die jetzige Auflage der Mohammed-Karikaturen keine großen Wellen mehr. Mit größerer Toleranz religiöser Fanatiker hat das nichts zu tun. Das Thema ist einfach für die breitere Öffentlichkeit immer weniger aufregend. An den Kiosken fand die Ausgabe mit den neuen Karikaturen längst nicht mehr so reißenden Absatz wie beim letzten Mal.

Was gehen uns die gezeichneten Geschichten eines Propheten aus dem 6. Jahrhundert an?, fragten sich viele Franzosen. Die immer neue Veröffentlichung von Mohammed-Zeichnungen – sie mutet inzwischen selbst wie eine Karikatur der Karikatur an.

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Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
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7 Kommentare

 / 
  • P
    pkoop

    @HamburgerX,

     

    ebenfalls hundertprozentige Zustimmung zu Ihrem Kommentar!

  • ES
    Elif Söz (Free Minds Münster)

    Was man alternativ auch machen könnte, die Radikal-Islamisten ins System zu befördern und ihren Einfluss ausdehnen zu lassen. Dann bekommt das alles eine eigene Dynamik. Siehe Türkei. Das zweite Land nach dem Iran, das aus Europa erfolgreich entsäkularisiert wurde. Wenn man böse wäre, könnte man das jetzt wieder den "Juden" in die Schuhe schieben. Die sind ja an allem schuld. Oder sind bürgerliche Grund- und Freiheitsrechte so gegenstands- und wertlos, dass man sie auch gerne gegen eine Theokratie austauschen darf wenn es eine systemrelevante Kraft bald anstrebt? Oder sind die Eliten oder Neoliberalen daran schuld? Na wo sind die ganzen intellektuellen Erklärungen. Garantiert fangen sie alle beim 11. September an. Richtig Usa und Israel. Gut, dass ich jetzt als geborene Ex-Muslima weiß, an was ich garantiert nicht glauben soll, an anti-amerikanische und anti-imperialistische Hetze.

     

    Keine Angst ich komme nicht aus der PI Szene, habe aber langsam den Verdacht, dass PI auch nur ein willkommener Buhmann ist, um die Kritik an dieser eigenartigen Entwicklung bzw. Rückentwicklung zu diffamieren.

  • H
    Heiko

    Ich habe für Religionen nicht viel übrig, weil sie so dogmatisch sind. Gut finde ich aber den Buddismus, weil er so friedlich ist. Der Islam scheint das genaue Gegenteil zu sein, er tritt weltweit agressiv auf, ist extrem Frauenfeindlich und extrem intolerant. Fährt man abends Straßenbahn und es steigen asiatische Juegndlichen ein, so ändernd sich das Klima nicht. Seigen aber arabisch aussehende Jugendliche ein, so herrscht schnell eine etwas angespannte Atmosphäre.

    Ich mag den Islam gar nicht und würde es besser finden, wenn man - so wie in den 80er Jahren, kaum auf diese Leute trifft.

  • A
    andreas

    Schon ziemlich absurd einem Satireblatt vorzuwerfen Satire zu machen auch um damit Geld zu verdienen. Ja was denn sonst ?!

     

    P.S. Die Nicht PC-Öffentlichkeit und Nichtmuslime hat die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen immer kalt gelassen.

    Randale und große Aufregung habe ich als Demokrat jedenfalls nicht gespürt. Oder etwa der Verfasser des Artikels ?! Dann wäre Er in der falschen Zeitung.

     

    Allein Muslime haben gemordet und gebrandschatzt. Satire tötet und nicht und fackelt auch nichts ab. Das machen allein Menschen !

  • PG
    Paul Gerhardt

    Ist wie mit den Rassimus-, Nazi- und Faschovorwürfen. Die ziehen ja auch nicht mehr.

  • D
    D.J.

    @HamburgerX,

     

    hundertprozentige Zustimmung zu Ihrem Kommentar!

  • H
    HamburgerX

    "Und dennoch schlägt die jetzige Auflage der Mohammed-Karikaturen keine großen Wellen mehr. Mit größerer Toleranz religiöser Fanatiker hat das nichts zu tun. Das Thema ist einfach für die breitere Öffentlichkeit immer weniger aufregend."

     

    Das ist doch ein Widerspruch in sich. Aufmerksamkeit hatten die Karikaturen erst durch die religiösen Fanatiker erzeugt. Nicht durch die westliche Öffentlichkeit. Wenn sie jetzt also keinen mehr erregen, heißt das erstmal, dass die Fanatiker ihre Taktik geändert haben oder ein Gewöhnungseffekt eintritt.

     

    Ich halte Letzteres für wahrscheinlicher. Und das ist eine sehr gute Nachricht. "Man darf nicht provozieren" ist die falsche Antwort, die Antwort der Feiglinge und Unterwerfer. Das Gegenteil ist richtig: Genau diese Fanatiker müssen zur Not solange provoziert werden, bis sie ihnen durch ihre eigene Erregungsspirale die Luft ausgeht. Dann sind Meinungsfreiheit und gesellschaftlicher Frieden wieder hergestellt. Und Terror und Einschüchterung ein weiteres Mal der Boden der Angst entzogen.