Kommentar Mexikos Drogenbaron: Jeder ist ersetzbar

Mit der Verhaftung von El Chapo Guzmán tut Präsident Peña Nieto so, als hätte man die Kartelle im Griff. Doch davon kann kaum die Rede sein.

Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto umarmt Staatsanwältin Arely Gomez

Hat alles im Griff: Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto. Oder doch nicht? Foto: ap

Für Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto ist die Verhaftung des Drogenbarons El Chapo Guzmán ein großer Erfolg zur richtigen Zeit. Denn die Flucht des Mafiabosses im Juni 2015 wie auch die Verschleppung von 43 Studenten zehn Monate zuvor versetzten dem Staatschef herbe Schläge.

Beides brachte die mexikanischen Verhältnisse unverblümt auf den Punkt: Ohne die Kooperation von Polizisten, Politikern und Kriminellen wäre der Angriff auf die 43 Lehramtsanwärter ebenso wenig möglich gewesen wie El Chapos Spaziergang aus dem Hochsicherheitsgefängnis. Peña Nieto brauchte diese Verhaftung, um international glaubhaft zu machen, man habe die Kartelle im Griff.

Doch davon kann kaum die Rede sein. Wahrscheinlich wird sich erst in Jahren herausstellen, ob tatsächlich das märchenhafte Stelldichein mit einem Hollywoodstar die Verhaftung ermöglichte. Vielleicht gab es auch im Vorfeld Absprachen auf anderer Ebene, um El Chapo dingfest zu machen.

Außer Frage aber steht: Die Inhaftierung wird die Geschäfte seiner Organisation nicht beeinflussen. Mexikos Kartelle sind wichtige Player der organisierten Kriminalität, und die funktioniert wie ein modernes Unternehmen: Jeder ist ersetzbar. Guzmáns Truppe ist sogar stärker geworden, als er hinter Gittern saß.

In den vergangenen Jahren wurden in Mexiko zahlreiche Kartellbosse festgenommen. An den Angriffen insbesondere auf die Zivilbevölkerung hat das nichts geändert.

Wer mit dieser Form der Gewalt Schluss machen will, der muss die Hintermänner aus dem Verkehr ziehen: korrupte Politiker und Juristen ebenso wie Unternehmen, die Geld waschen, Polizisten und Soldaten, die Drogentransporte absichern. Zudem müssen Straflosigkeit beendet und nachhaltige wirtschaftliche sowie soziale Maßnahmen ergriffen werden, die der armen Landbevölkerung eine Perspektive versprechen. Das alles hat die mexikanische Regierung bislang kaum getan.

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Wolf-Dieter Vogel, Jahrgang 1959, ist Print- und Radiojournalist sowie Autor. Er lebt in Oaxaca, Mexiko. Seine Schwerpunkte: Menschenrechte, Migration und Flucht, Organisierte Kriminalität, Rüstungspolitik, soziale Bewegungen. Für die taz ist er als Korrespondent für Mexiko und Mittelamerika zuständig. Er arbeitet im mexikanischen Journalist*innen-Netzwerk Periodistas de a Pie und Mitglied des Korrespondentennetzwerks Weltreporter.

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