piwik no script img

Kommentar Merkel und der KlimagipfelVorspiel ohne Kanzlerin

Manfred Kriener
Kommentar von Manfred Kriener

Angela Merkel ist nicht nach New York gereist. Ihre fehlende Präsenz ist der Ausdruck einer chronischen klimapolitischen Ermüdung.

Bleibt lieber daheim: Kanzerlin Angela Merkel Bild: dpa

E x-Klimakanzlerin Angela Merkel fliegt nicht zum Klimagipfel nach New York. Ihr politischer Instinkt sagt ihr, dass auf dieser Showveranstaltung nichts herauskommt. Weil Merkel und andere Regierungschefs nicht nach New York fliegen, verkommt der Klimagipfel zur Showveranstaltung, auf der tatsächlich nichts herauskommt. Also: Merkel müsste eigentlich fliegen. Müsste, müsste, Nordseeküste.

Die Jeremiade über Merkels Fortbleiben unterschlägt, dass der Absentismus der Kanzlerin auch nur Ausdruck einer chronischen klimapolitischen Ermüdung ist. Das zeigt sich zum Beispiel am medialen Schulterzucken, mit dem wir (nicht) zur Kenntnis nehmen, dass die sogenannte Aufsetzlinie des westantarktischen Eisschilds einen historischen Kipppunkt überschritten hat und das Schmelzen dieser unfassbar gigantischen Eismasse zum unaufhaltsamen Selbstläufer geworden ist.

Solche Ereignisse, die nach Ansicht des Antarktis-Experten Anders Levermann eine „neue Ära unseres Planeten“ einleiten, schaffen es gerade noch in die Kurznachrichtenspalte. Sie scheinen in ihrer Komplexität unsere zerebralen Schaltkreise derzeit zu überfordern. Einfacher wäre es immerhin zu begreifen, dass der CO2-Gehalt in der Atmosphäre von 2012 auf 2013 so stark zugenommen hat wie nie zuvor in den letzten 30 Jahren. Oder dass die Versauerung der Ozeane den höchsten Stand seit 300 Millionen Jahren erreicht hat. Doch mit Horrorzahlen ist kein Staat mehr zu machen und auch kein klimapolitischer Aufbruch.

Da macht Obamas Klimaoffensive eher ein wenig Mut oder die neue Sensibilität der chinesischen Führungsriege. Oder die weltweite Zubau-Ziffer für Erneuerbare Energien. Oder die Demonstration von 400.000 Menschen in New York. Während der klimapolitische Ex-Vorreiter Deutschland schlapp im Koma hängt, wachen die Amis plötzlich auf. Aber es gibt noch einen anderen Grund für Merkels Ignoranz.

Die Klimapolitik hat den UN-Klimagipfel 2015 in Paris zum alles entscheidenden Meeting erklärt. Da ist New York eben nur ein Vorspiel. Außerdem gibt es dieses Jahr noch den „richtigen“ UN-Gipfel in Lima. Deshalb sind auch die Erwartungshaltungen für New York deutlich abgeschmolzen. Die reduzierte Erwartung wiederum verhindert, voreilig von einem Scheitern zu reden. So werden neue Ohnmachtsgefühle vermieden. Klimapolitik ist auch Tiefenpsychologie.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Manfred Kriener
Manfred Kriener, Jahrgang 1953, ist Umweltjournalist und Autor in Berlin. Themenschwerpunkte: Klima, Umwelt, Landwirtschaft sowie Essen & Trinken. Kriener war elf Jahre lang taz-Ökologieredakteur, danach Gründungschefredakteur des Slow-Food-Magazins und des Umweltmagazins zeozwei.. Zuletzt erschienen: "Leckerland ist abgebrannt - Ernährungslügen und der rasante Wandel der Esskultur". Das Buch schaffte es in die Spiegel-Bestsellerliste und wurde von Umweltministerin Svenja Schulze in der taz vorgestellt. Kriener arbeitet im Journalistenbüro www.textetage.com in Kreuzberg.
Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • Besser sie bleibt zu hause, wenn sie so guckt.

    Die Thematik interessiert sie eh nicht- kein bisschen

  • Jeremiade:

     

    "..Jeremiade für die amerikanische Kultur; er ist eng mit dem amerikanischen Exzeptionalismus (Erwähltheitsglauben) verknüpft..."

    http://de.wikipedia.org/wiki/Amerikanischer_Exzeptionalismus

     

    Wieder was gelernt.

  • Klimakanzlerin, sie hat doch nur die Früchte von Rot-Grün eingesammelt und es dann alles vergammeln lassen. Hauptsache ein Titel ohne was dafür zu tun.

  • Frau Merkel wird auch optisch ihrer Karikatur immer ähnlicher.

    • @Rainer B.:

      jaja, die Schwerkraft.

      Sie ist die Kraft,

      die Alle schafft.