Kommentar Merkel in der Türkei: Fast alle Maßnahmen sind denkbar
Das Sichern der EU-Außengrenze hat Priorität. Deshalb muss die Kanzlerin beim Besuch in Ankara unbedingt für gute Stimmung sorgen.
E ines muss man Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lassen: Sie ist hartnäckig und wirklich bereit, dicke Bretter zu bohren. Sie steht politisch in Berlin und Brüssel derart unter Druck, die Flüchtlingszahlen zu senken, dass sie inzwischen alles tut, um bei der türkischen Regierung für gute Stimmung zu sorgen. Sie kümmert sich um jedes Detail und lehnt es kategorisch ab, türkische Innenpolitik zu kritisieren.
Die Kanzlerin kann sich mittlerweile so ziemlich alles vorstellen, um die Außengrenze der Europäischen Union zwischen Griechenland und der Türkei dicht zu machen. Daran ließ sie am Montag bei ihrem Besuch in Ankara nicht den geringsten Zweifel.
Von einer Kooperation mit der EU-Grenzschutzagentur Frontex über eine Zusammenarbeit zwischen deutschen und türkischen Grenzschützern bis hin zu Nato-Marine mit schwerem Geschütz in der Ägäis ist inzwischen alles denkbar, um die „Menschenschmuggler“ zu fangen, denen die Verantwortung für die Tragödien an der Ägäisküste zugeschoben wird. Erst am Montag ertranken wieder 33 Flüchtlinge.
Merkel weiß natürlich, dass damit nicht wirklich verhindert werden kann, dass verzweifelte Flüchtlinge weiterhin versuchen, in Schlauchbooten von der Türkei aus zu den griechischen Inseln überzusetzen.
Eine Verringerung der Flüchtlingszahlen ist erst dann realistisch, wenn viele Rädchen ineinandergreifen. Die Türkei muss bereit sein, sogenannte illegale Einwanderer nach Griechenland wieder zurückzunehmen. Das allerdings wird nur passieren, wenn im Gegenzug Deutschland und die gesamte EU legale Einwanderung zulassen und tatsächlich der Türkei Flüchtlingskontingente im Umfang von mehreren hunderttausend Menschen pro Jahr abnehmen.
Dazu muss sich der kommende EU-Gipfel verhalten. Merkels Besuch in Ankara hat deshalb keine wirklich neue Lage geschaffen, sondern es bleibt ein ambitioniertes Unterfangen, tatsächlich zu verhindern, dass in Europa das Schengen-System kollabiert.
Für syrische Flüchtlinge, denen es noch nicht gelungen ist, sich nach Europa zu retten, ist das kein gutes Zeichen. Als Erstes soll das deutsche Technische Hilfswerk helfen, Lager für Flüchtlinge aus Aleppo aufzubauen – anscheinend auf der syrischen Seite der Grenze. Selbst der Weg in die Türkei ist nun versperrt.
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