piwik no script img

Kommentar Meisner-BeschimpfungÜberkandidelte Empörung

Jan Feddersen
Kommentar von Jan Feddersen

Die Vokabel "Hassprediger" darf offenbar nur für Muslimisches verwendet werden? Die Sprachinszenierung des Grünen-Abgeordneten Volker Beck traf jedenfalls den Richtigen.

N eulich hatte sich Claudia Roth über den Augsburger Bischof Walter Mixa aufgeregt - und ihn einen "durchgeknallten, spalterischen Oberfundi" genannt. Nun hat sich Roths männliche Politprofilentsprechung, der Abgeordnete Volker Beck, ebenfalls aus dem Fenster gelehnt und den Kardinal Joachim Meisner einen "Hassprediger" gescholten, weil der die Eingetragene Lebenspartnerschaft (bekannt als: Homoehe) als eine die Menschheit zugrunde richtende Institution begreift.

Jan Feddersen (50) ist Autor und Redakteur. Besonders für die Ressorts taz.mag und tazzwei.

Beck muss sich nun Kritik gefallen lassen, weil die Vokabel "Hassprediger" wohl nur für Muslimisches benützt werden darf. Falsch: Ein in Deutschland sprechender Imam unterscheidet sich von einem Bischof nur dadurch, dass Ersterer hier nicht über die gleiche Macht verfügt wie Zweiterer.

Misslich aber ist, dass nur Roth wie Beck Worte wider die Kleriker finden - und kein Liberaler, kein Sozialdemokrat und Linker einstimmen mag. Feiges Pack! Dass Roth neulich wie aktuell Beck sich eines überkandidelten, pseudoempörten Tremolos bedienten, als ob sie nicht wüssten, mit wem sie es zu tun haben, darf natürlich gesehen werden. Eine wohlfeile Sprachinszenierung zum Wochenende, um ja bei den Zeitungen nicht vergessen zu werden. Typisch Beck. Aber es traf den Richtigen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, Meinungs- und Inlandsredaktion, Wochenendmagazin taz mag, schließlich Kurator des taz lab und der taz Talks.. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • B
    Brad

    "Feiges Pack!" - genau das waren auch meine ersten Gedanken. Allerdings erst, als Beck den Rückzieher gemacht hat. Der Mann ist immun und hätte die Nummer locker durch alle Instanzen durchklagen lassen können, incl. aller Publicity und gesellschaftlicher Diskussion über einen langen Zeitraum. Aber scheinbar ist er genauso von dem klerikalen Gesocks erpressbar wie alle anderen Politiker.

  • SW
    Sirius Wolf

    Nun, wenn man nur die Worte der Polit-Laiendarstellen als wichtig erachtet, dann allerdings, unterstützt wirklich "kein Linker, Liberaler oder sogar ein Christdemokrat Herrn Beck!"

     

    Mal davon abgesehen, dass ich weder "Grüner, noch Homosexueller" bin, habe ich vor ein paar Jahren einen Briefwechsel mit Herrn Kardinal Meisner gehabt, wo ich unter anderen einen humorvollen Vorschlag gemacht hatte, worauf der damaligen Dompropst Henrich wie das berühmte HB-Männchen, völlig manisch in die Luft ging und mir mitteilte: "Wie ich mit dem Herrn Kardinal so sprechen könnte."

     

    (Ganz einfach, man macht den Mund auf)

     

    Es waren keine Titelvergabe in meinem Schreiben gewesen, es war humorvoll, aber wer so jenseits von der Realität lebt, dem sollte man eigentlich keinerlei Aufmerksamkeit widmen, bis er wieder mit den Beinen auf dem Boden steht.

     

    Ich bin inzwischen längst aus der Kirche ausgetreten, meine Kinder auch,und höre nur so am Rande das die kath. Kirche für ihre Seelsorgearbeit keinen Priesternachwuchs mehr hat.

     

    Nun vielleicht sollte Herr Kardinal Meisner eine Partei gründen, die sich das Klonen von Priestern als Möglichkeit zur Nachwuchssicherung zum Ziele setzt.

    Dann bleiben die Frauen das Böse an und für sich, das Zölibat wird eingehalten, die geistig Armen sterben nicht aus, denn Humor ist eine geistige Gabe, nur Maria bekommt Konkurrenz, wegen der Unbeflecktheit.

     

    Sirius:-)):-))

  • B
    Bukovic

    Seltsamerweise habe ich noch keinen entsprechenden Kommentar linker Poitiker gegenüber islamischen Hasspredigern oder iranischen und nordkoreanischen Größenwahn-Politikern gehört. Traut man sich das etwa nur, wenn man keine physische Gewalt als Gegenreaktion fürchtet?

     

    Ha ha ha.

  • DT
    Dimitrij Tolkach

    Kurz und auf den Punkt gebracht. So muessen Kommentare sein, denn viel mehr gibt's zu dem Thema ja auch nicht zu sagen.

  • CB
    Carsten Buchholz

    Gut geschrieben, gut getroffen, Herr Feddersen. Danke!

  • UN
    Ursula Nurkowski

    Über den Wortschatz grüner Politiker rege ich mich gar nicht mehr auf. Auf www.abgeordnetenwatch.de nahm sich Herr Beck heraus, mir am 26.10.7 mitzuteilen, dass auch "Wirrköpfe" Grundrechtträger seien. Er sprach hier auf die eine Demonstration gegen eine Islamisierung Europas an.

     

    Gerade die "Altgeneration" war es doch, die stets von Toleranz sprach und zum "wir haben uns alle lieb" aufrief.

     

    Der Wortschatz, den grüne Politiker neuerdings nutzen, zeigt m. E. weder Toleranz noch menschliche Reife.

     

    Ich hoffe, dass die Wähler das 2009 noch erinnern werden.